Verfassung vom 4. Oktober 1958

Verfassung vom 4. Oktober 1958 Diese deutsche Übersetzung wurde unter der gemeinsamen Verantwortung der Abteilung Presse, Information und Kommunikation des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten und der Abteilung europäische Angelegenheiten der Nationalversammlung angefertigt. Die französische Fassung ist allein maßgebend. Aktualisierter Text mit Berücksichtigung der Verfassungsänderung vom 24. September 2000 (Volksentscheid).

Präambel

Das französische Volk verkündet feierlich seine Verbundenheit mit den Menschenrechten und den Grundsätzen der nationalen Souveränität, wie sie in der Erklärung von 1789 niedergelegt wurden, welche durch die Präambel der Verfassung von 1946 bestätigt und ergänzt wurde. Kraft dieser Grundsätze und des Selbstbestimmungsrechts der Völker bietet die Republik den überseeischen Gebieten, die den Willen zum Beitritt bekunden, neue, auf das gemeinsame Ideal von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gegründete und im Hinblick auf ihre demokratische Entwicklung geschaffene Institutionen an.

Artikel 1

Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik. Sie gewährleistet die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied der Herkunft, Rasse oder Religion. Sie achtet jeden Glauben.

Titel I : DIE SOUVERÄNITÄT

Artikel 2

Die Sprache der Republik ist Französisch.
Das Nationalemblem ist die blau-weiß-rote Trikolore.
Die Nationalhymne ist die Marseillaise.
Der Wahlspruch der Republik lautet: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit".
Ihr Grundsatz lautet: Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk.
(Loi constitutionnelle n° 92-554 du 25 juin 1992)"La langue de la République est le français."

Artikel 3

Die nationale Souveränität liegt beim Volke, das sie durch seine Vertreter und durch Volksentscheid ausübt.
Weder ein Teil des Volkes noch eine Einzelperson kann ihre Ausübung für sich in Anspruch nehmen.
Die Wahl kann unmittelbar oder mittelbar unter den in der Verfassung vorgesehenen Bedingungen erfolgen. Sie ist immer allgemein, gleich und geheim.
Wahlberechtigt sind nach Maßgabe des Gesetzes alle volljährigen französischen Staatsangehörigen beiderlei Geschlechts, die im Besitz ihrer bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte sind. Das Gesetz fördert den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu den Wahlmandaten und -ämtern.

Artikel 4

Die politischen Parteien und Gruppierungen wirken bei den Wahlentscheidungen mit. Ihre Bildung und die Ausübung ihrer Tätigkeit sind frei. Sie haben die Grundsätze der nationalen Souveränität und der Demokratie zu achten.
Sie tragen unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen zur Verwirklichung des im letzen Absatz von Artikel 3 enthaltenen Grundsatzes bei.

Titel II : DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK

Artikel 5

Der Präsident der Republik wacht über die Einhaltung der Verfassung. Er gewährleistet durch seinen Schiedsspruch die ordnungsgemäße Tätigkeit der öffentlichen Gewalten sowie die Kontinuität des Staates. Er ist der Garant der nationalen Unabhängigkeit, der Integrität des Staatsgebietes und der Einhaltung der Verträge.

Artikel 6

Der Präsident der Republik wird in allgemeiner und unmittelbarer Wahl für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Die Durchführungsbestimmungen regelt ein Organgesetz.

Artikel 7

Der Präsident der Republik wird mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Wird diese im ersten Wahlgang nicht erreicht, so wird am zweiten darauffolgenden Sonntag ein zweiter Wahlgang durchgeführt. Für diesen dürfen sich nur die zwei Kandidaten zur Wahl stellen, die, gegebenenfalls nach dem Rücktritt von Kandidaten, welche mehr Stimmen auf sich vereinigen konnten, im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben.
Der Wahltermin wird von der Regierung festgesetzt.
Die Wahl des neuen Präsidenten findet spätestens zwanzig Tage und frühe-stens fünfunddreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten statt.
Im Falle der Vakanz des Amtes des Präsidenten der Republik, ganz gleich aus welchem Grunde, oder im Falle der Verhinderung, die auf Antrag der Regierung der Verfassungsrat mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder feststellt, werden die Befugnisse des Präsidenten der Republik, ausgenommen diejenigen nach Artikel 11 und 12, vorübergehend vom Präsidenten des Senats und, falls auch dieser an der Ausübung dieses Amtes gehindert ist, von der Regierung wahrgenommen.
Im Falle der Vakanz des Amtes des Präsidenten oder wenn der Verfassungsrat die Verhinderung für endgültig erklärt hat, findet die Wahl des neuen Präsidenten, ausgenommen im Falle höherer Gewalt, welche vom Verfassungsrat festgestellt wird, frühestens zwanzig Tage und spätestens fünfunddreißig Tage nach Eintritt der Vakanz oder der Erklärung der endgültigen Verhinderung statt.
Wenn innerhalb von sieben Tagen vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Kandidaturen eine Person, die weniger als dreißig Tage vor diesem Zeitpunkt öffentlich ihre Entscheidung für eine Kandidatur erklärt hatte, verstirbt oder verhindert ist, kann der Verfassungsrat die Verschiebung der Wahl beschließen.
Wenn einer der Kandidat en vor dem ersten Wahlgang verstirbt oder verhindert ist, erklärt der Verfassungsrat die Verschiebung der Wahl. Im Falle des Ablebens oder der Verhinderung eines der beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang, noch vor eventuellen Rücktritten, die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten, erklärt der Verfassungsrat, daß der gesamte Wahlvorgang zu wiederholen ist; das gleiche gilt bei Ableben oder Verhinderung eines der beiden für den zweiten Wahlgang verbliebenen Kandidaten.
In allen Fällen wird der Verfassungsrat unter den in Artikel 61 Absatz 2 vorgesehenen Bedingungen oder nach Maßgabe der Bestimmungen über die Einreichung einer Kandidatur in dem in Artikel 6 vorgesehenen Organgesetz angerufen.
Der Verfassungsrat kann die in den Absätzen 3 und 5 vorgesehenen Fristen verlängern. Die Wahl darf jedoch nicht später als fünfunddreißig Tage nach der Entscheidung des Verfassungsrates stattfinden. Wird die Wahl durch Anwendung dieses Absatzes auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten verschoben, so bleibt dieser bis zur Proklamierung seines Nachfolgers im Amt.

Weder die Artikel 49 und 50 noch der Artikel 89 der Verfassung dürfen während der Vakanz des Amtes des Präsidenten der Republik oder innerhalb des Zeit-raums zwischen der Erklärung der endgültigen Verhinderung des Präsidenten der Republik und der Wahl seines Nachfolgers angewandt werden.

Artikel 8

Der Präsident der Republik ernennt den Premierminister. Er entläßt ihn aus seinem Amt, wenn dieser den Rücktritt der Regierung erklärt. Auf Vorschlag des Premierministers ernennt und entläßt er die übrigen Mitglieder der Regierung.

Artikel 9

Der Präsident der Republik führt den Vorsitz im Ministerrat.

Artikel 10

Der Präsident der Republik verkündet die Gesetze binnen fünfzehn Tagen nach der Übermittlung des endgültig beschlossenen Gesetzes an die Regierung. Er kann vor Ablauf dieser Frist vom Parlament eine neue Beratung des Gesetzes oder einzelner Artikel desselben verlangen. Diese neue Beratung darf nicht verweigert werden.

Artikel 11

Der Präsident der Republik kann - auf Vorschlag der Regierung während der Sitzungsperioden oder auf gemeinsamen Vorschlag beider Kammern, welche im Journal officiel veröffentlicht werden - jeden Gesetzentwurf zum Volksentscheid bringen, der die Organisation der öffentlichen Gewalten sowie Reformen der Wirtschafts- oder Sozialpolitik der Nation und der dazu beitragenden öffentlichen Dienste betrifft oder auf die Ermächtigung zur Ratifikation eines Vertrages abzielt, welcher, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen, Auswirkungen auf das Funktionieren der Institutionen hätte. Wird der Volksentscheid auf Vorschlag der Regierung durchgeführt, gibt diese vor jeder Kammer eine Erklärung ab, der sich eine Aussprache anschließt. Führt der Volksentscheid zur Annahme des Gesetzentwurfs, so verkündet der Präsident der Republik das Gesetz binnen fünfzehn Tagen nach der Verkündigung der Ergebnisse der Volksbefragung.

Artikel 12

Der Präsident der Republik kann nach Beratung mit dem Premierminister und den Präsidenten der Kammern die Nationalversammlung für aufgelöst erklären. Die allgemeinen Wahlen finden frühestens zwanzig und spätestens vierzig Tage nach der Auflösung statt.
Die Nationalversammlung tritt von Rechts wegen am zweiten Donnerstag nach ihrer Wahl zusammen. Fällt dieses Zusammentreten nicht in den für die ordentliche Sitzungsperiode vorgesehenen Zeitraum, so wird von Rechts wegen eine Sitzungsperiode für die Dauer von fünfzehn Tagen eröffnet.
Keine neue Auflösung darf in dem auf diese Wahl folgenden Jahr vorgenommen werden.

Artikel 13

Der Präsident der Republik unterzeichnet die im Ministerrat beschlossenen gesetzesvertretenden Verordnungen und Dekrete. Er nimmt die Ernennung zu den zivilen und militärischen Staatsämtern vor. Die Conseillers d'Etat, der Großkanzler der Ehrenlegion, die Botschafter und außerordentlichen Gesandten, die Haupträte am Rechnungshof, die Präfekten, die Regierungsvertreter in den überseeischen Gebieten, die Offiziere im Generalsrang, die Rektoren der Akademien (1) und die Direktoren der Zentralverwaltungen werden im Ministerrat ernannt.
Ein Organgesetz bestimmt die weiteren Ämter, deren Besetzung im Ministerrat beschlossen wird, ebenso die Bedingungen, unter denen das Ernennungsrecht des Präsidenten der Republik von diesem übertragen werden kann, um in seinem Namen ausgeübt zu werden.

Artikel 14

Der Präsident der Republik beglaubigt die Botschafter und die außerordentlichen Gesandten bei den auswärtigen Mächten; die auswärtigen Botschafter und außerordentlichen Gesandten werden bei ihm beglaubigt.

Artikel 15

Der Präsident der Republik ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er führt den Vorsitz in den obersten Räten und Komitees der nationalen Verteidigung.

Artikel 16

Wenn die Institutionen der Republik, die Unabhängigkeit der Nation, die Integrität ihres Staatsgebietes oder die Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen schwer und unmittelbar bedroht sind und wenn gleichzeitig die ordnungsgemäße Ausübung der verfassungsmäßigen öffentlichen Gewalten unterbrochen ist, ergreift der Präsident der Republik nach offizieller Beratung mit dem Premierminister, den Präsidenten der Kammern sowie dem Verfassungsrat die unter diesen Umständen erforderlichen Maßnahmen.
Er gibt sie der Nation durch eine Erklärung bekannt. Diese Maßnahmen müssen von dem Willen getragen sein, den verfassungs-mäßigen öffentlichen Gewalten innerhalb kürzester Frist die Mittel zu sichern, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Der Verfassungsrat ist hierzu anzuhören. Das Parlament tritt unmittelbar von Rechts wegen zusammen.
Die Nationalversammlung darf während der Ausübung der außerordentlichen Vollmachten nicht aufgelöst werden.

Artikel 17

Der Präsident der Republik übt das Begnadigungsrecht aus.

Artikel 18

Der Präsident der Republik verkehrt mit den beiden Kammern des Parlaments durch Mitteilungen, die er verlesen läßt und über die keine Aussprache stattfindet. Außerhalb der Sitzungsperioden wird das Parlament eigens zu diesem Zweck einberufen.

Artikel 19

Die Verfügungen des Präsidenten der Republik werden mit Ausnahme derjenigen nach Artikel 8 Absatz 1 sowie den Artikeln 11, 12, 16, 18, 54, 56 und 61 vom Premierminister und gegebenenfalls von den verantwortlichen Ministern gegengezeichnet.

Titel III : DIE REGIERUNG

Artikel 20

Die Regierung bestimmt und leitet die Politik der Nation.
Sie verfügt über die Verwaltung und die Streitkräfte.
Sie ist gegenüber dem Parlament unter den in den Artikeln 49 und 50 festgesetzten Bedingungen und nach den dort festgelegten Verfahren verantwortlich.

Artikel 21

Der Premierminister leitet die Amtsgeschäfte der Regierung. Er ist für die nationale Verteidigung verantwortlich. Er gewährleistet die Ausführung der Gesetze. Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 13 übt er das Verordnungsrecht aus und nimmt die Ernennung zu den zivilen und militärischen Ämtern vor.
Er kann einige seiner Befugnisse den Ministern übertragen. Gegebenenfalls führt er stellvertretend für den Präsidenten der Republik den Vorsitz in den in Artikel 15 genannten Räten und Komitees.
Ausnahmsweise kann er stellvertretend für ihn eine Ministerratssitzung leiten, soweit hierzu ein ausdrücklicher Auftrag und eine bestimmte Tagesordnung vorliegen.

Artikel 22

Die Verfügungen des Premierministers werden gegebenenfalls von den mit ihrer Ausführung betrauten Ministern gegengezeichnet.

Artikel 23

Das Amt eines Regierungsmitglieds ist unvereinbar mit der Ausübung eines parlamentarischen Mandats, einer Tätigkeit in Berufsverbänden auf nationaler Ebene und eines öffentlichen Amtes oder jeder beruflichen Tätigkeit. Ein Organgesetz regelt die Bedingungen, unter denen die Inhaber solcher Mandate, Tätigkeiten oder Ämter ersetzt werden. Die Mitglieder des Parlaments werden gemäß den Bestimmungen des Artikels 25 ersetzt.

Titel IV : DAS PARLAMENT

Artikel 24

Das Parlament besteht aus der Nationalversammlung und dem Senat. Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden in unmittelbarer Wahl gewählt. Der Senat wird in mittelbarer Wahl gewählt.
Er gewährleistet die Vertretung der Gebietskörperschaften der Republik. Die außerhalb Frankreichs ansässigen Franzosen werden im Senat vertreten.

Artikel 25

Ein Organgesetz bestimmt die Amtsdauer jeder Kammer, die Zahl ihrer Mitglieder, deren Diäten, die Wählbarkeitsbedingungen, die Regelung der Unwählbarkeit sowie der Inkompatibilitäten. Dieses legt ferner die Bedingungen für die Wahl der Personen fest, die berufen sind, im Falle einer Vakanz von Sitzen die betreffenden Abgeordneten oder Senatoren bis zur vollständigen oder teilweisen Neuwahl der jeweiligen Kammer zu ersetzen.

Artikel 26

Kein Mitglied des Parlaments darf wegen der in Ausübung seines Mandates geäußerten Meinungen oder vorgenommenen Abstimmungen verfolgt, Gegenstand einer Fahndung sein, verhaftet, in Haft gehalten oder verurteilt werden.
Kein Mitglied des Parlaments darf ohne die Genehmigung des Präsidiums der Kammer, der es angehört, wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verhaftet oder anderweitig seiner Freiheit beraubt oder in seiner Freiheit eingeschränkt werden. Diese Genehmigung ist nicht erforderlich bei Begehung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat oder bei endgültiger Verurteilung.
Die Inhaftierung, die freiheitsberaubenden oder -einschränkenden Maßnahmen oder die Verfolgung eines Mitglieds des Parlaments werden für die Dauer der Sitzungsperiode ausgesetzt, wenn die Kammer, der es angehört, dies verlangt.
Die betreffende Kammer tritt unmittelbar von Rechts wegen zu zusätzlichen Sitzungen zusammen, um gegebenenfalls die Anwendung des obigen Absatzes zu ermöglichen.

Artikel 27

Jedes imperative Mandat ist nichtig. Das Stimmrecht der Parlamentsmitglieder ist persönlich auszuüben. Das Organgesetz kann ausnahmsweise die Übertragung des Stimmrechts gestatten. In diesem Falle darf niemandem mehr als ein Mandat übertragen werden.

Artikel 28

Das Parlament tritt unmittelbar von Rechts wegen zu einer ordentlichen Sitzungsperiode zusammen, die am ersten Werktag im Oktober beginnt und am letzten Werktag im Juni endet.
Die Zahl der Sitzungstage, die jede Kammer im Laufe der ordentlichen Sit-zungsperiode abhalten kann, darf einhundertzwanzig nicht überschreiten. Die Sitzungswochen werden von jeder Kammer festgelegt. Die Abhaltung zusätzlicher Sitzungstage kann vom Premierminister, nach Beratung mit dem Präsidenten der betreffenden Kammer, oder von der Mehrheit der Mitglieder jeder Kammer beschlossen werden.
Die Sitzungstage und Sitzungszeiten werden durch die Geschäftsordnung jeder Kammer festgelegt.

Artikel 29

Das Parlament tritt auf Verlangen des Premierministers oder der Mehrheit der Mitglieder der Nationalversammlung zu einer außerordentlichen Sitzungsperiode mit feststehender Tagesordnung zusammen.
Findet eine außerordentliche Sitzungsperiode auf Verlangen der Mitglieder der Nationalversammlung statt, so ergeht das Schlußdekret unmittelbar nach Erschöpfung der Tagesordnung, für die das Parlament einberufen wurde, spätestens jedoch zwölf Tage nach seinem Zusammentreten.
Nur der Premierminister kann vor Ablauf des Monats, der auf das Schlußdekret folgt, eine neue Sitzungsperiode verlangen.

Artikel 30

Ausgenommen in den Fällen, in denen das Parlament unmittelbar von Rechts wegen zusammentritt, werden die außerordentlichen Sitzungsperioden durch Dekret des Präsidenten der Republik eröffnet und geschlossen.

Artikel 31

Die Regierungsmitglieder haben Zutritt zu beiden Kammern. Sie sind auf ihr Verlangen anzuhören.
Sie können sich von Regierungsreferenten begleiten lassen.

Artikel 32

Der Präsident der Nationalversammlung wird für die Dauer der Legislaturperiode gewählt. Der Präsident des Senats wird nach jeder Teilerneuerung gewählt.

Artikel 33

Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Der volle Wortlaut der Aussprachen (2) wird im Journal officiel veröffentlicht. Jede Kammer kann auf Verlangen des Premierministers oder eines Zehntels ihrer Mitglieder in geheimer Sitzung tagen.

Titel V : DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN PARLAMENT UND REGIERUNG

Artikel 34

Die Gesetze werden vom Parlament beschlossen. Durch Gesetz werden geregelt:

  • die staatsbürgerlichen Rechte und die den Staatsbürgern zur Ausübung ihrer Grundrechte gewährten grundlegenden Garantien; die den Staatsbürgern durch die Erfordernisse der nationalen Verteidigung auferlegten Verpflichtungen hinsichtlich ihrer Person und ihres Vermögens;
  • die Staatsangehörigkeit, der Personenstand, die Rechtsfähigkeit, das eheliche Güterrecht sowie das Erb- und Schenkungsrecht;
  • die Festlegung der Verbrechen und Vergehen sowie die darauf stehenden Strafen, das Strafverfahrensrecht, die Amnestie, die Schaffung neuer Kategorien von Gerichtsbarkeiten und die Rechtsstellung der Richter und Staatsanwälte;
  • die Steuerbemessungsgrundlagen, die Steuersätze und das Erhebungsverfahren für Steuern und Abgaben aller Art; die Regelung der Geldemission.

Durch Gesetz werden ferner geregelt:

  • das Wahlsystem der beiden Kammern des Parlaments und der lokalen Versammlungen;
  • die Schaffung neuer Arten von öffentlichen Einrichtungen;
  • die den zivilen und militärischen Staatsbeamten gewährten grundlegenden Garantien;
  • die Verstaatlichung von Unternehmen und die Überführung von Eigentum öffentlicher Unternehmen in Privateigentum.

Durch Gesetz werden die Grundsätze geregelt für:

  • die allgemeine Organisation der nationalen Verteidigung;
  • die Selbstverwaltung der Gebietskörperschaften, ihre Zuständigkeiten und ihre Einnahmequellen;
  • das Unterrichtswesen;
  • das Eigentumsrecht, das Sachenrecht sowie das zivil- und handelsrechtliche Schuldrecht;
  • das Arbeitsrecht, das Koalitionsrecht und die Sozialversicherung.

Die Haushaltsgesetze bestimmen die Einnahmen und Ausgaben des Staates gemäß einem Organgesetz und den darin festgelegten Bedingungen und Vorbehalten.
Die Gesetze zur Finanzierung der Sozialversicherung bestimmen die allgemeinen Bedingungen ihrer finanziellen Ausgeglichenheit. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einnahmen bestimmen sie die Ausgabenzwecke gemäß einem Organ gesetz und den darin festgelegten Bedingungen und Vorbehalten.
Programmgesetze bestimmen die Ziele der wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeit des Staates.
Die Bestimmungen dieses Artikels können durch ein Organgesetz näher geregelt und ergänzt werden.

Artikel 35

Die Kriegserklärung bedarf der Zustimmung des Parlaments.

Artikel 36

Der Belagerungszustand wird im Ministerrat verordnet. Zu seiner Verlängerung über zwölf Tage hinaus kann nur das Parlament ermächtigen.

Artikel 37

Die Bereiche, die nicht in die Gesetzgebung fallen, werden auf dem Verordnungsweg geregelt. Texte in Gesetzesform, die für diese Bereiche erlassen wurden, können nach Anhörung des Staatsrates durch Dekrete geändert werden. Diejenigen dieser Texte, die nach Inkrafttreten dieser Verfassung ergehen sollten, können nur dann durch Dekret geändert werden, wenn der Verfassungsrat erklärt hat, daß sie gemäß dem vorangehenden Absatz Verordnungscharakter haben.

Artikel 38

Die Regierung kann zur Durchführung ihres Programms das Parlament um die Ermächtigung ersuchen, während eines begrenzten Zeitraumes durch gesetzesvertretende Verordnungen Maßnahmen zu treffen, die normalerweise dem Bereich der Gesetzgebung unterliegen.
Die gesetzesvertretenden Verordnungen werden im Ministerrat nach Anhörung des Staatsrates beschlossen. Sie treten mit ihrer Veröffentlichung in Kraft, werden jedoch hinfällig, wenn der Entwurf des Ratifizierungsgesetzes im Parlament nicht vor dem durch das Ermächtigungsgesetz festgelegten Zeitpunkt eingebracht wurde.
Nach Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist können gesetzesvertretende Verordnungen für die Bereiche, die durch die Gesetzgebung geregelt werden, nur noch durch Gesetz geändert werden.

Artikel 39

Die Gesetzesinitiative steht sowohl dem Premierminister als auch den Mitgliedern des Parlaments gleichberechtigt zu. Die Gesetzentwürfe werden nach Anhörung des Staatsrates im Ministerrat beraten und bei einer der beiden Kammern eingebracht. Die Entwürfe von Haushaltsgesetzen und von Gesetzen zur Finanzierung der Sozialversicherung werden zuerst der Nationalversammlung vorgelegt.

Artikel 40

Gesetzesvorschläge und Änderungsanträge von Mitgliedern des Parlaments sind unzulässig, wenn ihre Annahme eine Verringerung der öffentlichen Einnahmen oder die Begründung oder Erhöhung öffentlicher Ausgaben zur Folge hätte.

Artikel 41

Stellt sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens heraus, daß ein Gesetzesvorschlag oder ein Änderungsantrag nicht in den Bereich der Gesetzgebung fällt oder einer gemäß Artikel 38 erteilten Ermächtigung entgegensteht, so kann die Regierung seine Unzulässigkeit einwenden. Sind die Regierung und der Präsident der betreffenden Kammer uneinig, so entscheidet auf Verlangen einer der beiden Parteien der Verfassungsratbinnen acht Tagen.

Artikel 42

Die Beratung der Gesetzentwürfe findet in der damit zuerst befaßten Kammer über die von der Regierung vorgelegte Fassung statt. Eine Kammer, die mit einer von der anderen Kammer verabschiedeten Fassung befaßt wird, berät über die ihr vorgelegte Fassung.

Artikel 43

Die Gesetzentwürfe und Gesetzesvorschläge werden auf Ersuchen der Regierung oder der mit ihnen befaßten Kammer in die eigens zu diesem Zweck eingesetzten Ausschüsse zur Prüfung überwiesen.

Die Gesetzentwürfe und Gesetzesvorschläge, für die ein solches Ersuchen nicht vorgebracht wurde, werden einem der ständigen Ausschüsse überwiesen, deren Zahl in jeder Kammer auf sechs begrenzt ist.

Artikel 44

Die Mitglieder des Parlaments und die Regierung sind berechtigt, Änderungsanträge einzubringen. Nach Eröffnung der Aussprache kann sich die Regierung der Prüfung jedes Änderungsantrags widersetzen, der nicht zuvor dem Ausschuß vorgelegen hat. Auf Verlangen der Regierung entscheidet die befaßte Kammer in nur einer Ab-stimmung über die gesamte zur Beratung stehende Fassung oder Teile davon, wobei sie nur die von der Regierung vorgeschlagenen oder angenommenen Änderungsanträge berücksichtigt.

Artikel 45

Jeder Gesetzentwurf oder Gesetzesvorschlag wird nacheinander in beiden Kammern des Parlaments mit dem Ziel beraten, zur Annahme einer übereinstimmenden Fassung zu gelangen.
Kann ein Gesetzentwurf oder Gesetzesvorschlag wegen Uneinigkeit zwischen den beiden Kammern nach zwei Lesungen in jeder Kammer oder im Falle einer Dringlichkeitserklärung der Regierung nach nur einer Lesung in jeder Kammer nicht angenommen werden, so kann der Premierminister einen paritätisch besetzten Ausschuß einberufen, der eine Fassung der noch strittigen Bestimmungen vorzuschlagen hat.
Die von dem paritätisch besetzten Ausschuß ausgearbeitete Fassung kann den beiden Kammern von der Regierung zur Annahme vorgelegt werden.
Änderungsanträge sind nur mit Genehmigung der Regierung zulässig. Gelangt der paritätisch besetzte Ausschuß nicht zur Annahme einer gemeinsamen Fassung oder wird diese Fassung nicht gemäß den im vorangehenden Absatz genannten Bedingungen angenommen, so kann die Regierung nach einer erneuten Lesung in der Nationalversammlung und im Senat die Nationalversammlung um eine endgültige Beschlußfassung ersuchen. In diesem Falle kann die Nationalversammlung entweder die von dem paritätisch besetzten Ausschuß ausgearbeitete Fassung oder die von ihr zuletzt verabschiedete Fassung wieder aufnehmen, welche gegebenenfalls durch einen oder mehrere vom Senat angenommene Änderungsanträge abgeändert ist.

Artikel 46

Gesetze, denen die Verfassung den Charakter von Organgesetzen verleiht, werden unter folgenden Bedingungen beschlossen und geändert: Der Gesetzentwurf oder Gesetzesvorschlag wird der damit zuerst befaßten Kammer erst nach Ablauf von fünfzehn Tagen nach Einbringung zur Beratung und Abstimmung vorgelegt. Das Verfahren gemäß Artikel 45 ist anwendbar. Gelangen die beiden Kammern jedoch nicht zur Übereinstimmung, so kann die Textvorlage von der Nationalversammlung in letzter Lesung nur mit der absoluten Mehrheit ihrer Mitglieder angenommen werden.
Die den Senat betreffenden Organgesetze müssen von beiden Kammern im gleichen Wortlaut beschlossen werden. Organgesetze können erst verkündet werden, nachdem der Verfassungsrat ihre Verfassungsmäßigkeit erklärt hat.

Artikel 47

Das Parlament beschließt die Haushaltsgesetzentwürfe gemäß den in einem Organgesetz vorgesehenen Bedingungen. Hat die Nationalversammlung in erster Lesung innerhalb einer Frist von vierzig Tagen nach Einbringung des Gesetzentwurfs keinen Beschluß gefaßt, so überweist ihn die Regierung dem Senat, der innerhalb einer Frist von fünfzehn Tagen einen Be schluß fassen muß. Danach wird gemäß den Bestimmungen in Artikel 45 verfahren. Hat das Parlament innerhalb einer Frist von siebzig Tagen keinen Beschluß gefaßt, können die Bestimmungen des Entwurfs durch eine gesetzesvertretende Verordnung in Kraft gesetzt werden.
Wurde das Haushaltsgesetz über die Einnahmen und Ausgaben eines Haus- haltsjahres nicht rechtzeitig eingebracht, um vor Beginn dieses Haushaltsjahres verkündet zu werden, so fordert die Regierung in einem Dringlichkeitsverfahren vom Parlament die Ermächtigung zur Steuererhebung und bewilligt durch Dekret die Mittel für die gesetzlich festgelegten Teile des Haushalts (3).
Die in diesem Artikel vorgesehenen Fristen werden ausgesetzt, wenn sich das Parlament nicht in der Sitzungsperiode befindet. Der Rechnungshof unterstützt das Parlament und die Regierung bei der Kontrolle der Ausführung der Haushaltsgesetze.

Artikel 47-1

Das Parlament beschließt die Gesetzentwürfe über die Finanzierung der Sozialversicherung gemäß den in einem Organgesetz vorgesehenen Bedingungen. Hat die Nationalversammlung in erster Lesung innerhalb einer Frist von zwanzig Tagen nach Einbringung des Gesetzentwurfs keinen Beschluß gefaßt, so überweist ihn die Regierung dem Senat, der innerhalb einer Frist von fünfzehn Tagen einen Be schluß fassen muß. Danach wird gemäß den Bestimmungen in Artikel 45 verfahren.
Hat das Parlament innerhalb einer Frist von fünfzig Tagen keinen Beschluß gefaßt, können die Bestimmungen des Entwurfs durch eine gesetzesvertretende Verordnung in Kraft gesetzt werden.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Fristen werden ausgesetzt, wenn sich das Parlament nicht in einer Sitzungsperiode befindet, und in den Wochen, in denen jede Kammer gemäß Artikel 28 Absatz 2 beschlossen hat, keine Sitzungen abzuhalten.
Der Rechnungshof unterstützt das Parlament und die Regierung bei der Kontrolle der Anwendung der Gesetze über die Finanzierung der Sozialversicherung.

Artikel 48

Unbeschadet der Anwendung der letzten drei Absätze des Artikels 28 enthält die Tagesordnung der Kammern, vorrangig und in der von der Regierung bestimmten Reihenfolge, die Beratungen über die von der Regierung eingebrachten Gesetz-entwürfe und die von ihr angenommenen Gesetzesvorschläge. Mindestens eine Sitzung in der Woche ist vorrangig den Fragen der Mitglieder des Parlaments und den Antworten der Regierung vorbehalten. Eine Sitzung pro Monat ist vorrangig der von jeder Kammer festgelegten Tages-ordnung vorbehalten.

Article 49

Der Premierminister übernimmt nach Beratung des Ministerrates vor der Nationalversammlung die politische Verantwortung der Regierung für ihr Programm oder gegebenenfalls für eine Erklärung zur allgemeinen Politik. Die Nationalversammlung spricht der Regierung das Mißtrauen durch die Annahme eines Mißtrauensantrages aus. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn er von mindestens einem Zehntel der Mitglieder der Nationalversammlung unterzeichnet ist. Die Abstimmung darf erst achtundvierzig Stunden nach der Einbringung des Antrags stattfinden. Gezählt werden nur die für den Mißtrauensantrag abgegebenen Stimmen; dieser kann nur mit der Mehrheit der der Nationalversammlung angehörenden Mitglieder angenommen werden. Außer in dem im folgenden Absatz vorgesehenen Fall kann ein Abgeordneter nicht mehr als drei Mißtrauensanträge im Laufe ein und derselben ordentlichen Sitzungsperiode und nicht mehr als einen im Laufe ein und derselben außerordentlichen Sitzungsperiode unterzeichnen.
Der Premierminister kann nach Beratung des Ministerrates vor der Nationalversammlung die politische Verantwortung der Regierung für die Abstimmung über eine Textvorlage übernehmen. In diesem Falle gilt die Textvorlage als angenommen, wenn nicht innerhalb der darauffolgenden vierundzwanzig Stunden ein Mißtrauens-antrag eingebracht und unter den im vorangegangenen Absatz genannten Bedingungen angenommen wird. Der Premierminister hat das Recht, vom Senat die Zustimmung zu einer Erklärung zur allgemeinen Politik zu verlangen.

Artikel 50

Nimmt die Nationalversammlung einen Mißtrauensantrag an oder lehnt sie das Regierungsprogramm oder eine Erklärung zur allgemeinen Politik ab, so muß der Premierminister beim Präsidenten der Republik den Rücktritt der Regierung einreichen.

Artikel 51

Der Schluß der ordentlichen Sitzungsperiode oder der außerordentlichen Sitzungsperioden wird von Rechts wegen ausgesetzt, um gegebenenfalls die Anwendung des Artikels 49 zu ermöglichen. Zu demselben Zweck sind zusätzliche Sitzungen rechtens.

Titel VI : DIE INTERNATIONALEN VRETRÄGE UND ABKOMMEN

Artikel 52

Der Präsident der Republik verhandelt und ratifiziert die Verträge. Er wird über alle Verhandlungen unterrichtet, die auf den Abschluß eines internationalen Abkommens abzielen, das nicht der Ratifikation unterliegt.

Artikel 53

Die Ratifizierung von Friedensverträgen, Handelsverträgen, Verträgen oder Abkommen über die internationale Organisation, ferner solche, die Verpflichtungen für die Staatsfinanzen nach sich ziehen, Bestimmungen gesetzlicher Art ändern, den Personenstand betreffen oder die Abtretung, den Tausch oder Erwerb von Staatsgebieten beinhalten, oder deren Zustimmung darf nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen. Sie werden erst mit der Ratifizierung oder Zustimmung wirksam. Keine Abtretung, kein Tausch, kein Erwerb von Staatsgebieten ist gültig ohne die Einwilligung der betroffenen Bevölkerung.

Artikel 53-1

Die Republik kann mit den europäischen Staaten, die durch dieselben Ver-pflichtungen in Fragen des Asylrechts sowie des Schutzes der Menschenrechte und Grundfreiheiten gebunden sind, Abkommen schließen, die ihre jeweiligen Zuständigkeiten bei der Prüfung der bei ihnen gestellten Asylanträge festlegen.
Aber selbst wenn der Antrag aufgrund dieser Abkommen nicht in ihre Zuständigkeit fällt, haben die Behörden der Republik immer das Recht, jedem Ausländer, der wegen seines Einsatzes für die Freiheit verfolgt wird oder aus einem anderen Grunde den Schutz Frankreichs begehrt, Asyl zu gewähren.

Artikel 53-2

Die Republik kann die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes unter den Bedingungen, die in dem am 18. Juli 1998 unterzeichneten Vertrag vorgesehen sind, anerkennen.

Artikel 54

Hat der vom Präsidenten der Republik, vom Premierminister oder vom Präsidenten einer der beiden Kammern oder von sechzig Abgeordneten oder sechzig Senatoren angerufene Verfassungsrat erklärt, daß eine internationale Verpflichtung eine verfassungswidrige Klausel enthält, so kann die Ermächtigung zu deren Ratifikation oder Zustimmung erst nach der Änderung der Verfassung erfolgen.

Artikel 55

Nach ordnungsgemäßer Ratifizierung oder Zustimmung erlangen Verträge oder Abkommen mit ihrer Veröffentlichung höhere Rechtskraft als Gesetze unter dem Vorbehalt, daß das Abkommen oder der Vertrag von der anderen Vertragspartei ebenfalls angewandt wird.

Titel VII : DER VERFASSUNGSRAT

Artikel 56

Der Verfassungsrat besteht aus neun Mitgliedern; ihre Amtszeit beträgt neun Jahre und kann nicht erneuert werden. Der Verfassungsrat wird alle drei Jahre zu je einem Drittel erneuert. Drei Mitglieder werden vom Präsidenten der Republik ernannt, drei vom Präsidenten der Nationalversammlung und drei vom Präsidenten des Senats. Außer den zuvor genannten neun Mitgliedern gehören dem Verfassungsrat von Rechts wegen und auf Lebenszeit die ehemaligen Präsidenten der Republik an. Der Präsident wird vom Präsidenten der Republik ernannt. Bei Stimmengleichheit gibt seine Stimme den Ausschlag.

Artikel 57

Das Amt eines Mitglieds des Verfassungsrates ist unvereinbar mit dem eines Ministers oder eines Mitglieds des Parlaments. Die übrigen Inkompatibilitäten regelt ein Organgesetz.

Artikel 58

Der Verfassungsrat wacht über die Ordnungsmäßigkeit der Wahl des Präsidenten der Republik.
Er prüft die Beschwerden und gibt das Wahlergebnis bekannt.

Artikel 59

Der Verfassungsrat entscheidet im Falle der Anfechtung über die Ordnungs-mäßigkeit der Wahl der Abgeordneten und Senatoren.

Artikel 60

Der Verfassungsrat wacht über die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens bei einem Volksentscheid und gibt dessen Ergebnisse bekannt.

Artikel 61

Die Organgesetze müssen vor ihrer Verkündung und die Geschäftsordnungen der parlamentarischen Kammern, bevor sie zur Anwendung gebracht werden, dem Verfassungsrat vorgelegt werden, der über ihre Verfassungsmäßigkeit befindet.
Zum gleichen Zweck können Gesetze vor ihrer Verkündung vom Präsidenten der Republik, vom Premierminister, vom Präsidenten der Nationalversammlung, vom Präsidenten des Senats oder von sechzig Abgeordneten oder sechzig Senatoren dem Verfassungsrat unterbreitet werden.
In den in den beiden vorangehenden Absätzen genannten Fällen muß der Verfassungsrat binnen eines Monats entscheiden. Auf Ersuchen der Regierung wird jedoch bei Dringlichkeit diese Frist auf acht Tage verkürzt. In denselben Fällen wird durch die Anrufung des Verfassungsrates die Verkündungsfrist ausgesetzt.

Artikel 62

Eine für verfassungswidrig erklärte Bestimmung kann weder verkündet noch angewandt werden.Gegen die Entscheidungen des Verfassungsrates gibt es kein Rechtsmittel. Sie binden die öffentlichen Gewalten sowie alle Verwaltungsbehörden und Gerichte.

Artikel 63

Ein Organgesetz regelt die Organisation und die Arbeitsweise des Verfassungs-rates, das vor ihm anzuwendende Verfahren und insbesondere die Fristen, innerhalb derer er mit Anfechtungen befaßt werden kann.

Titel VIII : DIE ORDENTLICHE GERICHTSBARKEIT

Artikel 64

Der Präsident der Republik ist der Garant für die Unabhängigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Er wird vom Obersten Rat des Richterstandes und der Staatsanwaltschaft unterstützt.
Ein Organgesetz regelt die Rechtsstellung der Richter und Staatsanwälte. Die Richter sind unabsetzbar.

Artikel 65

Den Vorsitz im Obersten Rat des Richterstandes und der Staatsanwaltschaft führt der Präsident der Republik. Der Justizminister ist von Rechts wegen dessen Vizepräsident. Er kann den Präsidenten der Republik vertreten. Der Oberste Rat des Richterstandes und der Staatsanwaltschaft besteht aus zwei Abteilungen, wovon jeweils eine für die Richter und die andere für die Staatsanwälte zuständig ist.
Die für die Richter zuständige Abteilung besteht, neben dem Präsidenten der Republik und dem Justizminister, aus fünf Richtern und einem Staatsanwalt, einem vom Staatsrat benannten Conseiller d'Etat sowie drei Persönlichkeiten, die weder dem Parlament noch den ordentlichen Gerichten angehören und von denen je eine vom Präsidenten der Republik, vom Präsidenten der Nationalversammlung und vom Präsidenten des Senats benannt wird.
Die für die Staatsanwälte zuständige Abteilung besteht, neben dem Präsidenten der Republik und dem Justizminister, aus fünf Staatsanwälten und einem Richter, dem Conseiller d'Etat und den im vorangehenden Absatz genannten drei Persönlichkeiten.
Die für die Richter zuständige Abteilung des Obersten Rates des Richterstandes und der Staatsanwaltschaft legt Vorschläge vor für die Ernennung der Richter am Kassationsgerichtshof, der Chef-Präsidenten der Appellationsgerichtshöfe und der Präsidenten der Tribunaux de grande instance. Die anderen Richter werden durch deren übereinstimmende Stellungnahme ernannt.
Sie entscheidet als Disziplinarorgan der Richter. Hierbei führt der Präsident des Kassationsgerichtshofs den Vorsitz. Die für die Staatsanwälte zuständige Abteilung des Obersten Rates des Richter-standes und der Staatsanwaltschaft nimmt Stellung zur Ernennung der Staatsanwälte, mit Ausnahme der im Ministerrat zu besetzenden Ämter.

Sie nimmt Stellung zu Disziplinarmaßnahmen gegen Staatsanwälte. Hierbei führt der Generalstaatsanwalt beim Kassationsgerichtshof den Vorsitz. Ein Organgesetz regelt die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels.

Artikel 66

Niemand darf willkürlich in Haft gehalten werden. Die ordentliche Gerichtsbarkeit sichert als Hüterin der persönlichen Freiheit die Einhaltung dieses Grundsatzes nach den gesetzlich festgelegten Bedingungen.

Titel IX : DER HOHE GERICHTSHOF

Artikel 67

Es wird ein Hoher Gerichtshof errichtet. Er besteht aus Mitgliedern, die in gleicher Zahl von der Nationalversammlung und vom Senat nach jeder vollständigen oder teilweisen Neuwahl dieser Kammern aus deren Mitte gewählt werden. Er wählt seinen Präsidenten aus den Reihen seiner Mitglieder. Ein Organgesetz regelt die Zusammensetzung des Hohen Gerichtshofes, seine Arbeitsweise sowie das vor ihm anzuwendende Verfahren.

Artikel 68

Der Präsident der Republik kann für die in Ausübung seines Amtes vorgenommenen Handlungen nur im Falle des Hochverrats zur Verantwortung gezogen werden. Er kann nur durch übereinstimmenden Beschluß beider Kammern in öffentlicher Abstimmung und mit der absoluten Stimmenmehrheit ihrer Mitglieder angeklagt werden. Das Urteil fällt der Hohe Gerichtshof.

Titel X : DIE STRAFRECHTLICHTE VERANTWORTUNG DER MITGLEIDER DER REGIERUNG

Artikel 68-1

Die Mitglieder der Regierung sind für die in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen Handlungen strafrechtlich verantwortlich, wenn diese nach dem zum Zeitpunkt der Begehung geltenden Recht Verbrechen oder Vergehen waren. Das Urteil fällt der Gerichtshof der Republik. Der Gerichtshof der Republik ist an die Bestimmung der Verbrechen und Vergehen sowie an die Festlegung des Strafmaßes gebunden, die sich aus dem Gesetz ergeben.

Artikel 68-2

Der Gerichtshof der Republik besteht aus fünfzehn Richtern: zwölf Parlamentariern, die in gleicher Zahl von der Nationalversammlung und vom Senat nach jeder vollständigen oder teilweisen Neuwahl dieser Kammern aus deren Mitte gewählt werden, sowie drei Richtern des Kassationsgerichtshofs, von denen einer den Vorsitz des Gerichtshofs der Republik führt.
Jeder, der behauptet, durch ein Verbrechen oder Vergehen eines Mitglieds der Regierung in Ausübung dessen Amtes geschädigt worden zu sein, kann bei einem Antragsausschuß einen Strafantrag stellen. Dieser Ausschuß ordnet entweder die Einstellung des Verfahrens oder die Weiterleitung an den Generalstaatsanwalt beim Kassationsgerichtshof zum Zwecke der Anrufung des Gerichtshofs der Republik an. Der Generalstaatsanwalt beim Kassationsgerichtshof kann den Gerichtshof der Republik auch von Amts wegen anrufen, wenn eine übereinstimmende Stellung-nahme des Antragsausschusses vorliegt. Ein Organgesetz regelt die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels.

Artikel 68-3

Die Bestimmungen dieses Titels sind auf Taten anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen wurden.

Titel XI : DER WIRTSCHAFTS UND SOZIALRAT

Artikel 69

Der Wirtschafts- und Sozialrat nimmt auf Ersuchen der Regierung Stellung zu den Entwürfen von Gesetzen, gesetzesvertretenden Verordnungen oder Dekreten sowie zu den ihm vorgelegten Gesetzesvorschlägen. Ein Mitglied des Wirtschafts- und Sozialrates kann von diesem beauftragt werden, vor den parlamentarischen Kammern die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialrates zu den ihm vorgelegten Gesetzentwürfen oder Gesetzesvorschlägen darzulegen.

Artikel 70

Der Wirtschafts- und Sozialrat kann von der Regierung auch zu jedem wirtschaftlichen oder sozialen Problem gehört werden. Jeder Plan oder Entwurf eines Programmgesetzes wirtschaftlicher oder sozialer Art wird ihm zur Stellungnahme vorgelegt.

Artikel 71

Die Zusammensetzung des Wirtschafts- und Sozialrates sowie dessen Arbeitsweise regelt ein Organgesetz.

Titel XII : DIE GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN

Artikel 72

Gebietskörperschaften der Republik sind die Gemeinden, die Departements und die überseeischen Gebiete. Jede andere Gebietskörperschaft wird durch Gesetz geschaffen. Diese Körperschaften verwalten sich selbst durch gewählte Räte und nach den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen. In den Departements und Gebieten wahrt der Regierungsbeauftragte die nationalen Interessen, übt die Verwaltungsaufsicht aus und wacht über die Einhaltung der Gesetze.

Artikel 73

Die Gesetzgebung und der Verwaltungsaufbau der überseeischen Departements können Gegenstand von Anpassungsmaßnahmen sein, die wegen ihrer besonderen Lage erforderlich werden.

Artikel 74

Die überseeischen Gebiete der Republik haben einen besonderen Aufbau, der ihren eigenen Interessen im Rahmen der Interessen der Republik Rechnung trägt.
Die Rechtsstellung der überseeischen Gebiete wird durch Organgesetze geregelt, welche insbesondere die Kompetenzen ihrer eigenen Institutionen festlegen. Sie wird nach Anhörung der jeweils betroffenen territorialen Versammlung auf gleiche Weise geändert.
Die übrigen Modalitäten ihres besonderen Aufbaus werden nach Anhörung der jeweils betroffenen territorialen Versammlung durch Gesetz festgelegt und geändert.

Artikel 75

Die Bürger der Republik, die nicht über die zivilrechtliche Stellung des allgemeinen Rechts verfügen, auf die sich Artikel 34 ausschließlich bezieht, behalten ihre persönliche Rechtsstellung, solange sie nicht darauf verzichtet haben.

Titel XIII : ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN BEZÜGLICH NEUKALEDONIEN

Artikel 76

Die Bevölkerungen Neukaledoniens sind aufgerufen, vor dem 31.Dezember 1998 über die Bestimmungen des am 5. Mai 1998 in Nouméa unterzeichneten und am 27. Mai 1998 im Journal officiel der Französischen Republik veröffentlichten Abkommens abzustimmen.
An der Abstimmung können sich diejenigen Personen beteiligen, die die in Artikel 2 des Gesetzes Nr. 88-1028 vom 9. November 1988 festgelegten Bedingungen erfüllen. Die zur Durchführung der Abstimmung erforderlichen Maßnahmen werden nach Anhörung des Staatsrates per Dekret im Ministerrat beschlossen.

Artikel 77

Nach Billigung des Abkommens bei der in Artikel 76 vorgesehenen Volksbefragung wird durch das Organgesetz, das nach Anhörung der beratenden Versammlung Neukaledoniens erlassen wird, zur Gewährleistung der Weiterentwicklung Neukaledoniens unter Wahrung der durch dieses Abkommen vorgegebenen Orientierungen und gemäß den zu seiner Umsetzung erforderlichen Modalitäten folgendes festgelegt:

  • die Befugnisse des Staates, die endgültig den Institutionen Neukaledoniens übertragen werden, die zeitliche Staffelung und die Modalitäten dieser Übertragungen sowie die Aufteilung der sich hieraus ergebenden Ausgaben;
  • die Regeln für die Organisation und die Funktionsweise der Institutionen Neukaledoniens und insbesondere die Bedingungen, unter denen bestimmte Kategorien von Rechtsakten der beratenden Versammlung vor deren Veröffentlichung der Kontrolle des Verfassungsrates unterzogen werden können;
  • die Regeln bezüglich der Staatsbürgerschaft, des Wahlsystems, der Beschäftigung und der gewöhnlichen zivilen Rechtsstellung;
  • die Bedingungen, unter denen die betroffenen Bevölkerungen Neukaledoniens über die Erlangung der vollen Souveränität zu befinden haben, sowie die Fri-sten, innerhalb derer dies erfolgen soll.

Die sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung des in Artikel 76 genannten Abkommens werden durch ein Gesetz festgelegt.

Titel XIII "der Gemeinschaft" sowie Artikel 77 und 97 wurden durch das Verfassungsgesetz n°95-880 vom 4. August 1995, Artikel 14 abgeändert

Artikel 78 bis 87 (Aufgehoben)

Titel XIV : DIE ASSOZIIERUNGSABKOMMEN

Artikel 88-1

Die Republik wirkt an den Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Union mit, welche aus Staaten bestehen, die sich in freier Entscheidung und auf der Grundlage ihrer Gründungsverträge dazu entschlossen haben, einige ihrer Befugnisse gemeinsam auszuüben.

Artikel 88-2

Unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit und gemäß den Modalitäten des am 7. Februar 1992 unterzeichneten Vertrags über die Europäische Union stimmt Frankreich der Übertragung von Befugnissen zu, die zur Schaffung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion notwendig sind. Unter demselben Vorbehalt und gemäß den Modalitäten, die im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in seiner sich aus dem am 2. Oktober 1997 unterzeichneten Vertrag ergebenden Fassung vorgesehen sind, kann der Übertragung von Befugnissen, die zur Festlegung der Regelungen für den freien Personenverkehr und für die damit verbundenen Bereiche notwendig sind, zugestimmt werden.

Artikel 88-3

Unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit und gemäß den Modalitäten des am 7. Februar 1992 unterzeichneten Vertrags über die Europäische Union kann nur Unionsbürgern mit Wohnsitz in Frankreich das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen gewährt werden. Diese Bürger dürfen weder das Amt eines Bürgermeisters oder Beigeordneten ausüben noch an der Benennung der Wahlmänner zum Senat und an der Wahl der Senatoren teilnehmen. Die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels regelt ein von beiden Kammern im gleichen Wortlaut beschlossenes Organgesetz.

Artikel 88-4

Die Regierung legt der Nationalversammlung und dem Senat die Entwürfe oder Vorschläge von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union, welche Bestimmungen mit Gesetzescharakter enthalten, unmittelbar nach deren Übermittlung an den Rat der Europäischen Union vor. Sie kann ihnen auch die anderen Entwürfe oder Vorschläge von Rechtsakten sowie sämtliche Dokumente einer Institution der Europäischen Union unterbreiten.
Gemäß den in der Geschäftsordnung jeder Kammer festgelegten Modalitäten können Entschließungen zu den im vorstehenden Absatz genannten Entwürfen, Vorschlägen oder Dokumenten gegebenenfalls außerhalb der Sitzungsperioden verabschiedet werden.

Titel XVI : ÄNDERUNG DER VERFASSUNG

Artikel 89

Die Initiative zur Änderung der Verfassung steht sowohl dem Präsidenten der Republik auf Vorschlag des Premierministers als auch den Mitgliedern des Parlaments gleichberechtigt zu.
Der Änderungsentwurf oder -vorschlag muß von beiden Kammern im gleichen Wortlaut verabschiedet werden. Nach Zustimmung durch einen Volksentscheid tritt die Verfassungsänderung in Kraft.
Der Änderungsentwurf wird jedoch nicht zum Volksentscheid gebracht, wenn der Präsident der Republik beschließt, ihn dem als Kongreß einberufenen Parlament vorzulegen. In diesem Fall gilt der Änderungsentwurf nur dann als angenommen, wenn er eine Mehrheit von drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen erhält. Das Präsidium des Kongresses ist das Präsidium der Nationalversammlung. Ein Verfahren zur Änderung der Verfassung darf nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn die Integrität des Staatsgebietes gefährdet wird. Die republikanische Regierungsform kann nicht Gegenstand einer Verfassungs-änderung sein.

Titel XVII : (Aufgehoben)





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