Fernsehansprache von Staatspraesident Jacques CHIRAC

Fernsehansprache von Staatspraesident Jacques CHIRAC

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Paris, 11. Maerz 2007


Meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger hier im Land, in Übersee und im Ausland,

heute Abend, da ich vor Sie trete, trage ich die Liebe und den Stolz Frankreichs im Herzen.

Frankreich ist eine leidenschaftliche und unabhängige Nation. Frankreich ist eine Nation, die für Gerechtigkeit und Frieden eintritt. Es ist eine Stimme, die sich über Einzelinteressen hinaus erhebt.

Frankreich, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, Frankreich liebe ich leidenschaftlich. Ich habe mein ganzes Herz, meine ganze Energie, meine ganze Kraft in Frankreichs und in Ihren Dienst gestellt. Frankreich zu dienen, dem Frieden zu dienen, das ist es, was ich mein Leben lang tue.

Natürlich hätte ich gerne mehr Konservatismus und Egoismus hinweggefegt, um schneller auf die Schwierigkeiten reagieren zu können, die einige von Ihnen erfahren. Doch ich bin stolz auf die Arbeit, die wir zusammen geschafft haben. Stolz, mit Ihnen die wesentlichen republikanischen Werte, wie den Grundsatz der Laizität, wieder gestärkt zu haben. Stolz, wichtige Reformen vorangebracht zu haben, damit unsere Renten sicher sind oder damit pflegebedüftigen alten Menschen und Menschen mit Behinderungen besser geholfen wird. Stolz, unermüdlich gegen die Unsicherheit vorgegangen zu sein und die Kriminalitätsrate gesenkt zu haben. Stolz, die Französinnen und Franzosen auf dem Weg der Innovation und der Zukunft zu sehen. Stolz vor allem, gezeigt zu haben, dass Arbeitslosigkeit kein unabwendbares Schicksal ist. Selbst wenn man noch viel weiter gehen muss, so ist die Arbeitslosigkeit doch auf dem niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert. Frankreich hält seinen Rang. Frankreich bekräftigt seinen Platz in der Welt. All das ist Ihnen, Ihrem Talent und Ihrer Kreativität zu verdanken. Und auch, das ist mir wohl klar, den beachtlichen Anstrengungen, zu denen Sie bereit waren.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

am Ende des Mandats, das Sie mir anvertraut haben, ist der Zeitpunkt gekommen, Ihnen auf andere Weise zu dienen. Ich werde nicht um Ihre Stimme für ein neues Mandat ersuchen. Auf andere Weise, doch mit ungebrochener Begeisterung und mit derselben Leidenschaft, für Sie zu handeln, werde ich weiterhin die Kämpfe führen, die unsere Kämpfe sind, die mein ganzes Leben lang meine Kämpfe waren, für Gerechtigkeit, für Fortschritt, für Frieden, für Frankreichs Größe.

Was die bevorstehenden Wahlen angeht, so werde ich Gelegenheit haben, meinen persönlichen Wünschen Ausdruck zu verleihen. Heute Abend jedoch will ich im Namen des Vertrauens, das Sie mir geschenkt haben, mehrere Botschaften an Sie richten.

Erstens: Lassen Sie sich niemals auf den Extremismus, den Rassismus, den Antisemitismus oder die Zurückweisung des anderen ein. In unserer Geschichte hat der Extremismus uns schon fast in den Abgrund geführt. Er ist ein Gift. Er spaltet. Er pervertiert, er zerstört. Alles in der Seele Frankreichs sagt nein zum Extremismus.

Der wahre Kampf Frankreichs, der schöne Kampf Frankreichs, gilt der Einheit und dem Zusammenhalt. Ja, unsere Werte haben einen Sinn! Ja, Frankreich ist reich an seiner Vielfalt! Ja, es ist die Ehre der Politik, in erster Linie für die Chancengleichheit zu arbeiten! Und jedem, jedem jungen Menschen eine Chance zu geben. Dieser Kampf ist, trotz aller Hindernisse und selbst, wenn ich berücksichtige, welcher Weg noch zurückgelegt werden muss – dieser Kampf ist auf einem guten Weg. Er muss uns auf Dauer vereinigen. Das ist einer der Schlüssel für die Zukunft.

Meine zweite Botschaft ist, dass Sie immer an sich selbst und an Frankreich glauben müssen. Wir haben so viele Trümpfe. Wir müssen die Entwicklungen der Welt nicht fürchten. Wir müssen in dieser neuen Welt zupacken. Wir müssen ihr weiterhin unseren Stempel aufdrücken. Und wir dürfen dabei nie unser französisches Modell vergeuden. Dieses Modell führt uns zusammen. Und es ist der Welt von heute sehr gut angepasst, sofern wir es beständig zu modernisieren wissen.

Wir müssen entschlossen den Weg der Reform weitergehen und dabei immer auf die Arbeit, die Innovation und den Unternehmergeist setzen.

Meine dritte Botschaft ist Europa.

Bei dem Referendum haben Sie Ihre Zweifel, Ihre Sorgen, Ihre Erwartungen ausgedrückt. Es ist lebenswichtig, das europäische Aufbauwerk fortzuführen. Der Nationalismus, der unserem Kontinent so viel Leid zugefügt hat, kann jederzeit wieder aufkeimen. Und allein werden wir den wirtschaftlichen Umwälzungen der Welt nicht die Stirn bieten können. Frankreich muss die Forderung nach einer Macht Europa bekräftigen. Nach einem politischen Europa. Nach einem Europa, das unser Sozialmodell garantiert. Es geht um unsere Zukunft. Lassen Sie uns dieses Ideal und diesen Willen stets weitertragen.

Meine vierte Botschaft lautet, dass Frankreich kein Land wie die anderen ist. Es hat besondere Verantwortlichkeiten, die ihm aus der Geschichte zufallen, und universelle Werte, die zu schmieden es beigetragen hat. So muss Frankreich, angesichts der Gefahr eines Zusammenpralls der Zivilisationen, angesichts der Zunahme eines vornehmlich religiösen Extremismus, die Toleranz, den Dialog und die Achtung zwischen den Menschen und Kulturen verteidigen. Es geht um den Frieden und die Sicherheit in der Welt.

Ebenso wäre es unmoralisch und gefährlich, würde infolge der Auswirkungen eines ungebremsten Liberalismus der Graben zwischen einem immer reicheren Teil der Welt und Milliarden von Männern, Frauen und Kindern, die dem Elend und der Hoffnungslosigkeit ausgeliefert sind, immer tiefer. Frankreich hat die Pflicht, mit seinem ganzen Gewicht darauf hinzuwirken, dass die Weltwirtschaft die Notwendigkeit der Entwicklung für alle mit einbezieht.

Schließlich fasst auch die ökologische Revolution Tritt. Wenn es uns nicht gelingt, das Bedürfnis der Menschheit nach Wachstum und das Leiden eines ausgelaugten Planeten miteinander in Einklang zu bringen, dann laufen wir in die Katastrophe. Diese Revolution muss in unserem Denken und ebenso auf weltweiter Ebene stattfinden. Damit wir ein neues Verhältnis zur Natur erdenken und ein anderes Wachstum erfinden können. Mit seiner Forschung, mit seinen Unternehmen, mit seiner Landwirtschaft, mit dem Fortschritt in der Kernenergie und dem entschlossenen Handeln in Sachen erneuerbare Energien hat Frankreich alle Trümpfe in der Hand, um diese wichtigste Herausforderung des 21. Jahrhunderts anzunehmen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Sie können sich vorstellen, dass es mich sehr berührt, heute Abend zu Ihnen zu sprechen. Nicht einen Augenblick sind Sie nicht in meinem Herzen und in meinen Gedanken präsent gewesen. Nicht eine Minute habe ich aufgehört, diesem wunderbaren Frankreich zu dienen. Diesem Frankreich, das ich ebenso liebe, wie ich Sie liebe. Diesem Frankreich, reich durch seine Jugend, stark durch seine Geschichte und seine Vielfalt, dürstend nach Gerechtigkeit und dem Verlangen, zu handeln. Diesem Frankreich, das, glauben Sie mir, die Welt noch in Erstaunen versetzen wird.

Es lebe die Republik! Es lebe Frankreich!./.





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