Europäîscher Rat - Juni 2004

Europäîscher Rat - Juni 2004

Brüssel, 17. und 18. Juni 2004

Schlussfolgerungen des Vorsitzes

1. Der Europäische Rat hat die Fortschritte in verschiedenen Bereichen geprüft und Leitlinien für die künftige Gestaltung der Politik in jedem dieser Bereiche festgelegt.

2. Vor der Tagung fand im Anschluss an ein Exposé des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pat Cox, ein Gedankenaustausch statt.

3. Der Europäische Rat äußerte sich besorgt angesichts der geringen Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament in der vergangenen Woche. Er erkennt an, dass das Bewusstsein der Bürger Europas für die Bedeutung der Tätigkeit der Union und deren Einfluss auf ihr tägliches Leben geschärft werden muss. Der Europäische Rat hatte eine erste Aussprache über dieses Thema und beabsichtigt, es auf seiner nächsten Tagung wieder aufzugreifen. Er begrüßt die Absicht des niederländischen Vorsitzes, in der Zwischenzeit die vom irischen Vorsitz eingeleitete Initiative "Europa den Menschen vermitteln" voranzubringen.

I. RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS; BEKÄMPFUNG DES TERRORISMUS

4. Die Bürger Europas erwarten von der Union immer mehr, dass sie auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte der Freiheit, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit praktische Fortschritte im Bereich Justiz und Inneres erzielt.

5. Der Europäische Rat begrüßt den Bericht der Kommission über die Fortschritte im Rahmen des Fünfjahresprogramms von Tampere; der Bericht belegt, welche bedeutenden Fortschritte bei der Schaffung eines echten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erzielt worden sind.

6. Der Europäische Rat stellt fest, dass in der ersten Hälfte dieses Jahres weitere wichtige Schritte unternommen worden sind. Dazu zählen die Annahme der Richtlinie über die Anerkennung als Flüchtling und die politische Einigung über die Richtlinie über das Asylverfahren, die politische Einigung über die Richtlinie über die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zwecks Absolvierung eines Studiums und zu verwandten Zwecken, die Annahme der Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen und die allgemeine Einigung über den Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen.

7. Der Europäische Rat ist der Auffassung, dass es nun an der Zeit ist, die nächste Phase des Prozesses einzuleiten. Er ersucht daher den Rat und die Kommission, Vorschläge für ein neues Programm für die kommenden Jahre auszuarbeiten, die der Europäische Rat vor Ende des Jahres 2004 prüfen wird.

8. Der Europäische Rat betont, dass das Ziel der Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts entschlossen weiterverfolgt werden muss. Das neue Programm muss dem Ausmaß der Herausforderung und den Erwartungen unserer Bürger gerecht werden. Es sollte praxisorientiert sein und auf den im Rahmen des Tampere-Programms bereits durchgeführten Arbeiten sowie auf einer Bewertung der Maßnahmen der ersten Generation aufbauen. Es sollte außerdem auf den allgemeinen Prinzipien beruhen, dass ein zusätzlicher europäischer Nutzen entstehen muss und dass die Grundsätze der Subsidiarität, der Verhältnismäßigkeit und der Solidarität eingehalten werden müssen. Gleichzeitig sollte das Mehrjahresprogramm greifbare und grundlegende Fortschritte im Hinblick auf die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und die Förderung gemeinsamer Maßnahmen, einschließlich der praktischen Zusammenarbeit, zum Wohle aller unserer Bürger bewirken.

9. Bis zur Annahme des neuen Programms muss zügig weiter gearbeitet werden. Der Europäische Rat hebt insbesondere eine Reihe von Prioritäten im Bereich Asyl und Einwanderung hervor. Das neue Europäische Amt für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen – die entsprechende Verordnung steht kurz vor ihrer Fertigstellung – sollte Anfang 2005 seine Arbeit aufnehmen können. Die Durchführung des Plans betreffend den Grenzschutz an den Seegrenzen sollte überprüft werden. Der Rat und die Kommission werden ersucht, anhand der bislang auf dem Gebiet der Rückkehr gewonnenen Erfahrungen weitere Vorschläge für ein Finanzinstrument für die Organisation der Rückkehr zu prüfen. Der Rat wird ferner ersucht, die Vorschläge zu prüfen, die in der Mitteilung der Kommission über die Einreise von Personen, die internationalen Schutz benötigen, in die Union sowie in der Mitteilung über die Beziehungen zwischen legaler und illegaler Einwanderung enthalten sind.

10. Drogenmissbrauch und Drogenhandel sind Übel, die energisch bekämpft werden müssen. Der Rat wird ersucht, spätestens im Dezember 2004 Vorschläge für eine neue Drogenstrategie der EU für den Zeitraum 2005-2012 zu billigen. Die Vorschläge sollten der Schlussbewertung der Drogenstrategie und des Drogenaktionsplans 2000-2004 durch die Kommission sowie dem Ergebnis der Konferenz von Dublin zur Zukunft der EU-Drogenstrategie Rechnung tragen.


Bekämpfung des Terrorismus.

11. Der Europäische Rat hat auf seiner Frühjahrstagung nach den Bombenanschlägen von Madrid eine weit reichende Erklärung zum Terrorismus angenommen. Er ist nach wie vor entschlossen, der terroristischen Bedrohung unnachgiebig und umfassend entgegenzutreten. Die Ernennung eines EU-Koordinators für die Terrorismusbekämpfung wird dazu beitragen, die Koordinierung der Maßnahmen der EU in diesem Bereich zu verbessern und diese Maßnahmen stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken.

12. Der Europäische Rat begrüßt den Bericht über die Umsetzung seiner Erklärung vom 25. März. Seitdem sind gute Fortschritte erzielt worden. Erwähnenswert sind unter anderem der Abschluss der Beratungen über die Richtlinie zur Entschädigung der Opfer von Straftaten, die Verordnung über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung, die Entscheidung des Rates zur Einrichtung des Visa-Informationssystems (VIS) und die Vereinbarung zwischen Eurojust und Europol.

13. Der Europäische Rat begrüßt den überarbeiteten Aktionsplan/Fahrplan des Rates und fordert die Organe und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den noch nicht erfüllten Verpflichtungen innerhalb der vorgegebenen Fristen nachzukommen. Er wird die Durchführung des Aktionsplans/Fahrplans zwei Mal im Jahr und erstmals auf seiner Tagung im Dezember 2004 überprüfen.

14. Der Europäische Rat begrüßt den Bericht des Generalsekretärs/Hohen Vertreters über die Eingliederung einer nachrichtendienstlichen Kapazität für alle Aspekte der terroristischen Bedrohung in das Ratssekretariat. Er ersucht den Generalsekretär/Hohen Vertreter, so rasch wie möglich die entsprechenden Maßnahmen durchzuführen und dabei die auf der Tagung des Rates (JI) vom 8. Juni 2004 zum Ausdruck gebrachten Auffassungen zu berücksichtigen. Er fordert den Generalsekretär/Hohen Vertreter außerdem auf, diese Frage weiter zu prüfen und auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2004 über die Fortschritte Bericht zu erstatten.

15. In praktischer und operativer Hinsicht begrüßt der Europäische Rat die Wiedereinsetzung der Task-Force "Terrorismusbekämpfung" im Rahmen von Europol, die Schritte zur Förderung der Übermittlung kriminalpolizeilicher und operativer Erkenntnisse an Europol, den Beschluss zum Ausbau der Arbeitsstrukturen im Rat und die Entscheidung der Leiter der Sicherheitsdienste der Mitgliedstaaten, sich im Rahmen der Gruppe für Terrorismusbekämpfung regelmäßig zu treffen. Er ersucht den Rat, die Arbeit an den Vorschlägen zur Verstärkung der operativen Fähigkeit der Task Force der Polizeichefs voranzubringen, damit die neuen Regelungen spätestens im Dezember 2004 angenommen werden können.

16. In einer Reihe von vorrangigen Bereichen müssen nun die Arbeiten mit äußerster Dringlichkeit vorangetrieben werden. Die Kommission hat eine wichtige Mitteilung über die Informationspolitik im Bereich der Strafverfolgung veröffentlicht und wird ersucht, so rasch wie möglich Vorschläge vorzulegen. Der Rat wird aufgefordert, bis Dezember 2004 auf der Grundlage von Vorschlägen des Hohen Vertreters und der Kommission ein kohärentes Gesamtkonzept für eine noch schärfere Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu erstellen. Bis Juni 2005 sollte der Rat Einigung über die Initiativen betreffend den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit in Bezug auf terroristische Straftaten sowie die Aufbewahrung von Verkehrsdaten erzielen. Bis Dezember 2005 sollte auch über die Initiative zur Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden Einigung erzielt werden.

17. Der Rat und die Kommission werden ersucht, die Fähigkeiten, die den Mitgliedstaaten für die Verhinderung aller Arten von Terroranschlägen und für die Bewältigung von deren Folgen zur Verfügung stehen, zu bewerten, bewährte Praktiken zu ermitteln und die erforderlichen Maßnahmen vorzuschlagen. Die derzeitige Zusammenarbeit im Bereich Zivilschutz sollte verbessert werden und den Willen der Mitgliedstaaten widerspiegeln, im Falle eines Terroranschlags in einem Mitgliedstaat oder eines Anschlags gegen im Ausland lebende EU-Bürger solidarisch zu handeln. Der Rat wird ersucht, bis Jahresende auf der Grundlage eines koordinierten Konzepts des Generalsekretärs/Hohen Vertreters und der Kommission eine Gesamtstrategie zur Verstärkung des Schutzes kritischer Infrastrukturen auszuarbeiten.

Ein integrierter Ansatz

18. Der Europäische Rat unterstreicht, wie wichtig es ist, das breite Spektrum der Instrumente der Europäischen Union zu nutzen, wenn es darum geht, gegen alle zum Terrorismus beitragenden Faktoren vorzugehen. Er betont, dass die Bekämpfung des Terrorismus in vollem Umfang in die EU-Politik im Bereich der Außenbeziehungen einbezogen werden muss, und ersucht darum, dass auf der Dezembertagung des Europäischen Rates konkrete Vorschläge über die wirksamsten Mittel zur Erreichung dieses Ziels vorgelegt werden.

19. Der Europäische Rat betont, dass Solidarität und internationale Zusammenarbeit wesentliche Faktoren bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Bewältigung seiner tieferen Ursachen sind. Die Union wird weiterhin Initiativen für eine engere Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, insbesondere den VN, ausarbeiten und sich nach wie vor so eng wie möglich mit den Vereinigten Staaten und anderen Partnern abstimmen. Die Bekämpfung des Terrorismus muss ein zentraler Bestandteil des politischen Dialogs mit Drittländern sein, wobei besonderes Gewicht auf die Ratifizierung und Durchführung internationaler Übereinkommen, die Unterbindung der Terrorismusfinanzierung, das Vorgehen gegen die zum Terrorismus beitragenden Faktoren sowie die Nichtverbreitung und die Rüstungskontrolle zu legen ist.

II. ERWEITERUNG


Bulgarien und Rumänien

20. Der Europäische Rat unterstreicht, dass Bulgarien und Rumänien integraler Bestandteil des laufenden Erweiterungsprozesses sind, in dessen Verlauf am 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedstaaten in die Union aufgenommen wurden. Die Union erinnert daran, dass die Leitprinzipien, nach denen die Beitrittsverhandlungen mit den zehn neuen Mitgliedstaaten geführt wurden, für Bulgarien und Rumänien, die Teil des gleichen umfassenden und unumkehrbaren Erweiterungsprozesses sind, weiterhin gelten.

21. Der Europäische Rat begrüßt die sehr bedeutenden Fortschritte, die Bulgarien und Rumänien in den letzten Monaten in den Beitrittsverhandlungen erzielt haben, und bekräftigt das gemeinsame Ziel der Union, diese beiden Länder im Januar 2007 als Mitglieder der Union zu begrüßen, sofern sie dafür bereit sind.

22. Die Union hat mit der Einigung über ein gerechtes und ausgewogenes Finanzpaket für Bulgarien und Rumänien zu Beginn des Jahres den Weg für den Abschluss der Verhandlungen über die wichtigsten Kapitel über finanzielle Fragen geebnet; damit sind die Beitrittsverhandlungen mit diesen beiden Ländern in eine entscheidende Phase getreten. Die Union ist weiterhin entschlossen, die Beitrittsverhandlungen für Bulgarien und Rumänien im Jahr 2004 nach Maßgabe ihrer Leistungen erfolgreich abzuschließen, sofern beide Länder weiterhin echte Fortschritte bei den Reformen und bei den Beitrittsvorbereitungen vor Ort erzielen.

23. Die Union nimmt mit großer Genugtuung zur Kenntnis, dass alle offen gebliebenen Kapitel in den Verhandlungen mit Bulgarien vorläufig abgeschlossen worden sind und dass Rumänien ebenfalls beträchtliche Fortschritte erzielt hat und diesem Ziel wesentlich näher gekommen ist. Die Mitgliedstaaten und die Kommission werden Rumänien diesbezüglich weiterhin unterstützen. Der Europäische Rat sieht dem Regelmäßigen Bericht 2004 der Kommission mit Interesse entgegen, in dem die Fähigkeit der beiden Länder, die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen bis zum Beitritt zu übernehmen, bewertet wird. Mit der Ausarbeitung des Beitrittsvertrags für Bulgarien und Rumänien wird im Juli 2004 begonnen werden, damit der Beitrittsvertrag für diese beiden Länder zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im Jahr 2005 unterzeichnet werden kann.

24. Für Bulgarien und Rumänien ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie darauf vorbereitet sind, alle aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen. Die Union fordert beide Länder daher nachdrücklich auf, ihre Bemühungen weiter zu verstärken, um im Januar 2007 für die Mitgliedschaft bereit zu sein. Die Union unterstreicht, dass Bulgarien und Rumänien ihr Augenmerk besonders darauf richten sollten, ihre Justiz- und Verwaltungskapazitäten zu verbessern, die Wirtschafts- und Strukturreformen fortzusetzen und der Umsetzung der ausgehandelten Verpflichtungen umfassend und rechtzeitig nachzukommen. Die Union wird die Vorbereitungen und die Erfüllung der in allen Bereichen des Besitzstands eingegangenen Verpflichtungen genau verfolgen.

Türkei

25. Der Europäische Rat begrüßt die beträchtlichen Fortschritte, die die Türkei im Rahmen des Reformprozesses bisher erzielt hat; dazu gehören auch die wichtigen und weit reichenden Verfassungsänderungen, die im Mai verabschiedet worden sind. Er begrüßt die kontinuierlichen und nachhaltigen Anstrengungen der türkischen Regierung, die politischen Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen. In diesem Zusammenhang unterstreicht der Europäische Rat, dass die noch verbleibenden Gesetzgebungsarbeiten abgeschlossen und verstärkte Bemühungen unternommen werden müssen, damit entscheidende Fortschritte bei der vollständigen und rechtzeitigen Durchführung der Reformen auf allen Ebenen der Verwaltung und in allen Teilen des Landes erreicht werden können.

26. Die Europäische Union wird die Türkei weiterhin bei deren Vorbereitungen unterstützen und auf die uneingeschränkte Umsetzung der Heranführungsstrategie hinarbeiten; dies gilt insbesondere in Bezug auf die Stärkung der Unabhängigkeit und die Arbeitsweise der Justiz, die Rahmenbedingungen für die Ausübung der Grundrechte (Vereinigungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit), die kulturellen Rechte, die weitere Angleichung der Beziehungen zwischen der zivilen und der militärischen Ebene an die europäische Praxis und die Situation im Südosten des Landes.

27. Die Union bekräftigt ihre Zusage, dass die Europäische Union umgehend die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eröffnen wird, falls der Europäische Rat im Dezember 2004 auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung der Kommission entscheidet, dass die Türkei die politischen Kriterien von Kopenhagen erfüllt.

28. Der Europäische Rat ruft die türkische Regierung dazu auf, weiter entschlossen an der makroökonomischen und finanzpolitischen Stabilisierung zu arbeiten und auch die Agenda der Strukturreformen vollständig umzusetzen.

29. Der Europäische Rat ersucht die Türkei, die Verhandlungen über die Anpassung des Abkommens von Ankara zur Berücksichtigung des Beitritts der neuen Mitgliedstaaten, die die Kommission im Namen der Gemeinschaft und ihrer 25 Mitgliedstaaten mit der Türkei führt, abzuschließen.

30. Der Europäische Rat würdigt den positiven Beitrag, den die türkische Regierung zu den Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen geleistet hat, eine umfassende Lösung für das Zypern-Problem zu finden.


Kroatien


31. Der Europäische Rat begrüßt die Stellungnahme der Kommission zu dem Antrag Kroatiens auf Mitgliedschaft in der EU und ihre Empfehlung, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Er hat den Antrag auf der Grundlage der Stellungnahme geprüft und festgestellt, dass Kroatien die vom Europäischen Rat 1993 in Kopenhagen vorgegebenen politischen Kriterien und die vom Rat 1997 festgelegten Konditionalitäten des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses erfüllt. Er hat beschlossen, dass Kroatien den Status eines Bewerberlandes erhält und dass der Beitrittsprozess eingeleitet wird.

32. Der Europäische Rat hat beschlossen, zeitig im Jahr 2005 eine bilaterale Regierungskonferenz mit Kroatien zur Aufnahme der Verhandlungen einzuberufen. Vor Beginn der Verhandlungen wird der Rat einen allgemeinen Verhandlungsrahmen vereinbaren, in den die in dem fünften Erweiterungsprozess gesammelten Erfahrungen in vollem Umfang eingehen werden. Der Europäische Rat ersucht die Kommission, vor Ende ihres Mandats eine diesbezügliche Bewertung vorzulegen. Er bekräftigt, dass die Verhandlungen auf der Grundlage der eigenen Leistungen Kroatiens geführt werden und dass das Tempo der Verhandlungen einzig und allein davon abhängt, welche Fortschritte Kroatien bei der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft macht.

33. Der Europäische Rat betont, dass Kroatien weiterhin uneingeschränkt mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) zusammenarbeiten und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um dafür zu sorgen, dass der letzte Angeklagte ausfindig gemacht und nach Den Haag überstellt wird. Ferner muss Kroatien weitere Anstrengungen in Bezug auf Minderheitenrechte, die Rückkehr von Flüchtlingen, die Reform des Justizwesens, die regionale Zusammenarbeit und die Bekämpfung der Korruption unternehmen.

34. Zur Vorbereitung der Verhandlungen sollte zunächst der Besitzstand einer Prüfung unterzogen werden, und zwar am besten im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit Kroatien.

35. Der Europäische Rat ersucht die Kommission, eine Heranführungsstrategie für Kroatien einschließlich des erforderlichen Finanzierungsinstruments auszuarbeiten.

36. Der Europäische Rat nimmt die Entscheidung Kroatiens zur Kenntnis, keinen der Aspekte der Umweltschutz- und Fischereischutzzone auf die Mitgliedstaaten der EU anzuwenden. In diesem Zusammenhang begrüßt er die von Italien, Slowenien und Kroatien auf dem Dreiertreffen vom 4. Juni 2004 in Brüssel erzielte Einigung.

Auswirkungen des Status Kroatiens auf die übrigen westlichen Balkanstaaten

37. Der Europäische Rat hebt hervor, dass die Tatsache, dass Kroatien den Status eines Bewerberlandes erreicht hat, ein Ansporn für die übrigen westlichen Balkanländer sein sollte, ihre Reformen fortzusetzen. Er bekräftigt sein Engagement für die vollständige Umsetzung der Agenda von Thessaloniki, die deutlich macht, dass die Zukunft des westlichen Balkans in der Europäischen Union liegt. Während die einzelnen Länder dieser Region auf dem Weg zur europäischen Integration voranschreiten, wird parallel dazu der regionale Ansatz weiterverfolgt, der nach wie vor einen wesentlichen Bestandteil der Politik der EU bildet. Der Europäische Rat fordert Kroatien auf, weiterhin maßgeblich zur Entwicklung einer engeren regionalen Zusammenarbeit beizutragen.

38. Der Europäische Rat hat die in der Anlage enthaltenen Schlussfolgerungen zu den Präsidentschaftswahlen in Serbien angenommen.

III. FINANZIELLE VORAUSSCHAU

39. Der Europäische Rat hat den Analysebericht zur Kenntnis genommen, den der Vorsitz auf der Grundlage der Vorarbeiten im Rat erstellt hat. Nach seiner Ansicht leistet dieser Bericht einen nützlichen Beitrag zur Klärung von Fragen und Standpunkten und vermittelt der Kommission ein Feedback zu ihrer ursprünglichen Mitteilung sowie im Hinblick auf die Ausarbeitung der Gesetzgebungsvorschläge. Der künftige Vorsitz wird ersucht, die Arbeit an den im Analysebericht dargelegten Fragen fortzusetzen. Bei den weiteren Beratungen über die Finanzielle Vorausschau sollten die verschiedenen Standpunkte der Mitgliedstaaten berücksichtigt und der im Rahmen des mehrjährigen Strategieprogramms vorgesehene Zeitplan im vollen Umfang eingehalten werden.

IV. WIRTSCHAFTS- UND SOZIALFRAGEN, BESCHÄFTIGUNG UND UMWELT

Grundzüge der Wirtschaftspolitik und beschäftigungspolitische Leitlinien


40. Der Europäische Rat billigt den Entwurf der aktualisierten Fassung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik, in der ausdrücklich auf den Euro-Währungsraum Bezug genommen wird, sowie den Entwurf der beschäftigungspolitischen Leitlinien und Empfehlungen. Er begrüßt die beiden wichtigsten Neuerungen im wirtschafts- und im beschäftigungspolitischen Prozess in diesem Jahr: die Eingliederung der zehn neuen Mitgliedstaaten in den bestehenden Politikrahmen und die Aufnahme der politischen Einschätzungen, die im Bericht der von Wim Kok geleiteten Task-Force "Beschäftigung" enthalten sind, in die beschäftigungspolitischen Empfehlungen. Er hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten für die vollständige und kohärente Umsetzung der beiden Leitlinientexte und der Empfehlungen sorgen sollten.

Lissabonner Reformagenda

41. Der Europäische Rat begrüßt die Fortschritte, die seit seiner Frühjahrstagung bei wichtigen Maßnahmen erzielt wurden, die den Bürgern direkten und konkreten Nutzen bringen und sich in die von der Union verfolgten sozialen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Ziele einreihen. Gleichzeitig würdigt er die gute Zusammenarbeit mit dem scheidenden Europäischen Parlament und der Kommission in einer Zeit, die durch beträchtliche Chancen und große Herausforderungen geprägt war. Insbesondere möchte der Europäische Rat auf wichtige Fortschritte in den folgenden Bereichen hinweisen:

  • Aktionsplan für Finanzdienstleistungen mit den erforderlichen Beschlüssen über die noch offenen Fragen in Bezug auf Transparenz und Wertpapierdienstleistungen,
  • Mobilität der europäischen Bürger, Unternehmen und Dienstleistungen durch den Erlass von Rechtsvorschriften betreffend die Anerkennung beruflicher Qualifikationen, die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, den Europass und die Einführung der Europäischen Krankenversicherungskarte,
  • Rechte des geistigen Eigentums und Regelungen betreffend die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen durch eine Einigung über Maßnahmen, mit denen europäische Innovationen gefördert und geschützt werden sollen,
  • Verbraucherschutz durch Maßnahmen betreffend die Durchsetzung der Rechtsvorschriften und unlautere Geschäftspraktiken,
  • Umweltschutz durch Maßnahmen betreffend die Luftqualität, den Schutz der Meere, die Umwelthaftung, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Klimaänderung; zu letzteren gehört unter anderem die Einführung der erforderlichen Mechanismen für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen, damit die Ziele des Kyoto-Protokolls leichter erreicht werden können,
  • Ausbau der Infrastruktur durch die Beschlüsse über die transeuropäischen Netze für Verkehr und Energie.

42. Der Europäische Rat bedauert, dass es nicht möglich war, eine einstimmige Einigung über die Annahme einer Verordnung über das Gemeinschaftspatent zu erzielen; in der nächsten Zeit sollte darüber nachgedacht werden, wie Fortschritte erzielt werden können, wobei der grundsätzlichen Befürwortung des Gemeinschaftspatents durch alle Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen ist.

43. Der Europäische Rat unterstützt im Sinne der Gleichstellungsziele der Lissabonner Agenda und auf der Grundlage der politischen Einigung im Rat die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen und ersucht die Kommission, diesbezüglich einen Vorschlag vorzulegen.

44. Der Europäische Rat fordert den Rat und die Mitgliedstaaten erneut auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Lücke bei der Umsetzung der Lissabonner Strategie zu schließen.

45. Der Europäische Rat fordert nachdrücklich dazu auf, auf der Grundlage der erfolgreichen ersten Arbeiten an den Vorschlägen und Initiativen, die noch weiter zu einem nachhaltigen Wachstum und einer nachhaltigen Entwicklung beitragen werden, die Beratungen unter anderem über die folgenden Aspekte zügig fortzuführen:

  • die erforderlichen Regelungen, mit denen eine bessere Rechtsetzung in der Europäischen Union sichergestellt werden kann,
  • Verbesserungen im Bereich der Unternehmensführung (corporate governance),
  • die vorgeschlagene Rahmenrichtlinie über Dienstleistungen,
  • Prüfung des Weißbuchs zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse,
  • den REACH-Vorschlag über Chemikalien,
  • die Förderung der Mobilität von Forschern als Beispiel für eine praktische Maßnahme, mit der der Innovation weitere Impulse verliehen werden,
  • die Überprüfung der Strategie für nachhaltige Entwicklung,
  • die weiteren Arbeiten an Strategien zur Emissionsverringerung im Zusammenhang mit Klimaänderungen und an der Förderung umweltfreundlicher Technologien,
  • die Durchführung der geeigneten Maßnahmen zur Erreichung des vereinbarten Ziels, dem Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2010 Einhalt zu gebieten,
  • Prüfung der Mitteilung der Kommission zur Strategie für die Regionen in äußerster Randlage.

46. Im Vorfeld der Halbzeitüberprüfung der Lissabonner Strategie sieht der Europäische Rat dem Bericht der hochrangigen Gruppe, welcher der Kommission bis zum 1. November 2004 zu unterbreiten ist, mit Interesse entgegen.

V. FRIEDENSPROZESS IN NORDIRLAND


47. Der Europäische Rat nimmt die derzeitigen Schwierigkeiten im Friedensprozess in Nordirland zur Kenntnis und unterstützt die Bemühungen der beiden Regierungen um die Wiedereinsetzung der dezentralisierten Institutionen. Um diese Bemühungen zu unterstützen, fordert er die Kommission auf, zu prüfen, inwieweit die Maßnahmen im Rahmen des Programms PEACE II und des Internationalen Fonds für Irland auf die Maßnahmen im Rahmen der anderen Strukturfonds-Programme, die Ende 2006 auslaufen, abgestimmt werden können; dies gilt auch für die finanziellen Auswirkungen.

VI. AUSSENBEZIEHUNGEN/GASP/ESVP

Europäische Sicherheitsstrategie

48. Der Europäische Rat bekräftigt, dass die auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2003 angenommene Europäische Sicherheitsstrategie einen wichtigen Rahmen für die Politikgestaltung bildet. In den letzten sechs Monaten sind entsprechende Folgemaßnahmen vorangebracht worden, unter anderem in den vier Bereichen, in denen zunächst Maßnahmen eingeleitet werden sollten (wirksamer Multilateralismus mit den Vereinten Nationen im Mittelpunkt, Kampf gegen den Terrorismus, Strategie gegenüber den Regionen des Nahen und Mittleren Ostens, umfassende Politik gegenüber Bosnien und Herzegowina). Der Europäische Rat ersucht den künftigen Vorsitz, die Arbeiten in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretär/Hohen Vertreter und der Kommission fortzuführen.

49. Der Europäische Rat begrüßt insbesondere, dass der wirksame Multilateralismus im Vordergrund steht und dass in diesem Sinne der Beitrag der EU an die vom VN-Generalsekretär eingesetzte Hochrangige Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel übermittelt wurde, um die Stärkung der VN zu unterstützen; ferner begrüßt er die Arbeiten zur Umsetzung der gemeinsamen Erklärung der EU und der VN vom 24. September 2003 zur Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung und die gemeinsam mit den wichtigsten Partnern in den Regionen eingegangenen Verpflichtungen hinsichtlich der Unterstützung eines wirksamen Multilateralismus. Ferner erwartet er die vom Generalsekretär/Hohen Vertreter und der Kommission vorzulegenden Vorschläge für konkrete Schritte zur Förderung der Entwicklung einer auf festen Regeln beruhenden internationalen Ordnung.

50. Der Europäische Rat begrüßt, dass der Rat die Grundprinzipien für den Einsatz restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung eines politischen Rahmens für einen wirksameren Multilateralismus im Sinne der Europäischen Sicherheitsstrategie gebilligt hat.

51. Der Europäische Rat hat eine umfassende Politik gegenüber Bosnien und Herzegowina verabschiedet, in der praktische Regelungen für ein kohärenteres und wirksameres Engagement der EU bei der Unterstützung der europäischen Perspektive dieses Landes dargelegt sind.

52. Die übrigen beiden Bereiche – der Kampf gegen den Terrorismus und eine Strategie gegenüber den Regionen des Nahen und Mittleren Ostens – werden an anderer Stelle in diesen Schlussfolgerungen behandelt.


Armutsbekämpfung und HIV/AIDS

53. Die Union muss ihre führende Rolle bei der Bekämpfung der Armut in der Welt weiter stärken. Der Europäische Rat ist besorgt über die unzureichenden Fortschritte bei der Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele, insbesondere in Afrika. Er bekräftigt, dass die EU ihre Anstrengungen zur Erfüllung der in Monterrey eingegangenen Verpflichtungen verstärken wird, unter anderem durch Sondierung innovativer Finanzierungsmöglichkeiten, und dass sie die Bemühungen der VN um raschere Fortschritte bei der Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele engagiert unterstützen wird.

54. Der Europäische Rat weist erneut darauf hin, dass HIV/AIDS in vielen der ärmsten Länder der Welt nach wie vor verheerende Auswirkungen hat: Trotz mancher Fortschritte macht die Pandemie in Afrika jahrzehntelange Entwicklungsbemühungen zunichte und breitet sich auch in einigen anderen Regionen mit alarmierender Geschwindigkeit aus. Die EU und die anderen internationalen Partner dürfen in ihren Anstrengungen auf keinen Fall nachlassen. Der Europäische Rat ruft die Union und die einschlägigen regionalen Gremien dazu auf, das Ergebnis der Ministerkonferenz zum Thema HIV/AIDS in Europa und Mittelasien, die der Vorsitz am 23./24. Februar in Dublin veranstaltet hat, energisch umzusetzen.
Bewältigung der politischen Herausforderungen

55. Die Union unternimmt wichtige Schritte, um einer Reihe von entscheidenden politischen Herausforderungen zu begegnen. Der Europäische Rat billigt den Bericht des Vorsitzes über die Maßnahmen der EU im Rahmen der Konfliktverhütung und ersucht die künftigen Vorsitze, auf den bisher erzielten, beträchtlichen Fortschritten aufzubauen, damit die Union in diesem Bereich kohärenter, handlungsfähiger und aktiver wird. Was die Menschenrechte anbelangt, so begrüßt der Europäische Rat die Annahme der EU-Leitlinien in Bezug auf Menschenrechtsverteidiger und die Annahme einer Strategie für die Umsetzung der EU-Leitlinien in Bezug auf Kinder in bewaffneten Konflikten.

56. Der Europäische Rat bekräftigt ferner seine Zusage, bei der Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (MVW) und ihrer Trägersysteme alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden; er hat den Bericht über die Umsetzung der EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen gebilligt und eine Erklärung zu strafrechtlichen Sanktionen im Zusammenhang mit MVW-relevantem Material angenommen.
Eine aktivere und handlungsfähigere Europäische Union

57. Der Europäische Rat billigt den Sachstandsbericht des Vorsitzes zur ESVP, der das Mandat für den künftigen Vorsitz enthält.

58. Er begrüßt die entscheidenden Fortschritte, die bei den Vorbereitungen für eine ESVP-Mission zur Ablösung der SFOR in Bosnien und Herzegowina gemacht worden sind. Er ersucht den künftigen Vorsitz und den Generalsekretär/Hohen Vertreter, die operative Planung für die ESVP-Mission voranzubringen, falls die NATO auf ihrer kommenden Gipfeltagung in Istanbul beschließen sollte, die SFOR-Mission zu beenden. Dies ist auch ein praktisches Beispiel für die strategische Partnerschaft mit der NATO bei der Krisenbewältigung.

59. Der Europäische Rat nimmt zur Kenntnis, dass die beiden laufenden ESVP-Missionen - die EU-Polizeimission in Bosnien und Herzegowina und die Operation Proxima in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien - mit Erfolg durchgeführt werden. Er begrüßt ferner die Fortschritte, die auf dem Weg zu einer ersten im ESVP-Rahmen stattfindenden EU-Mission zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die in Kürze in Georgien beginnen soll, erzielt worden sind.

60. Bei der Verstärkung der Fähigkeiten der EU sind konkrete Fortschritte zu verzeichnen. Der Europäische Rat unterstützt das Streitkräfte-Planziel 2010. Er billigt zudem den Aktionsplan für die zivile Krisenbewältigung und begrüßt die Maßnahmen, die ergriffen worden sind, um die Fähigkeit der EU zur Durchführung militärischer Krisenreaktionseinsätze weiter zu verbessern. Er unterstützt auch die Ausarbeitung von Modalitäten, nach denen die EU militärische Fähigkeiten zur Unterstützung der VN bereitstellen könnte. Der künftige Vorsitz und der Generalsekretär/Hohe Vertreter werden ersucht, die Gespräche mit den VN zu diesem Thema fortzusetzen.

61. Der Europäische Rat begrüßt die Einigung über die Gemeinsame Aktion zur Errichtung der Europäischen Verteidigungsagentur.

62. Der Europäische Rat begrüßt die erheblichen Fortschritte bei der Umsetzung des Dokuments "Europäische Verteidigung: NATO-EU-Konsultationen, Planung und Operationen", wie in den von ihm angenommenen Schlussfolgerungen in der Anlage dargelegt, und kommt überein, die Arbeiten dementsprechend voranzubringen. Er betont, wie wichtig es ist, dass diese Maßnahmen möglichst bald in Kraft treten und die erforderlichen Mittel vorrangig bereitgestellt werden, damit die neuen ESVP-Einrichtungen ihre Arbeit nach dem vereinbarten Zeitplan aufnehmen können.

Entwicklung neuer Partnerschaftsinitiativen
Europäische Nachbarschaftspolitik

63. Der Europäische Rat begrüßt die Vorschläge der Kommission für eine Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) und billigt die Schlussfolgerungen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen) vom 14. Juni. Durch die Erweiterung ist die Union näher an ihre Nachbarn im Osten und im Süden herangerückt. Der Europäische Rat betont erneut, welche Bedeutung er einer Verstärkung der Zusammenarbeit mit diesen Nachbarn beimisst, wobei diese Zusammenarbeit im Geiste der Partnerschaft und auf der Grundlage gemeinsamer Verantwortung erfolgen und sich auf die gemeinsamen Werte der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte stützen sollte.

64. Der Europäische Rat begrüßt den verstärkten Dialog mit allen ENP-Partnern im Osten und im Süden. Er stellt fest, dass das bevorstehende Gipfeltreffen am 8. Juli die Gelegenheit bieten wird, eine Bestandsaufnahme der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine vorzunehmen. Er begrüßt ferner die Einbeziehung Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens in die ENP. Damit erhält die EU ein weiteres wichtiges Instrument, um Fortschritte bei der umfassenden Reformagenda in jedem dieser Länder zu unterstützen. In diesem Zusammenhang begrüßt der Europäische Rat das sehr positive Ergebnis der internationalen Geberkonferenz für Georgien, die am 16. Juni in Brüssel stattfand. Belarus wird ebenfalls in den Genuss sämtlicher Vorteile der ENP gelangen können, wenn das Land nach freien und fairen Wahlen eine demokratische Regierungsform eingeführt hat; eine verstärkte Unterstützung der Bürgergesellschaft in Belarus wird den Aufbau eines demokratischeren, stabileren und wohlhabenderen Landes unterstützen.
65. Der Europäische Rat stimmt darin überein, dass mit allen Partnerländern im Mitttelmeerraum, mit denen ein Assoziationsabkommen angewandt wird, ENP-Aktionspläne entwickelt werden sollen. Er fordert den Rat und die Kommission auf, die Arbeiten in diesem Bereich voranzubringen. Er nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission – gegebenenfalls unter Mitwirkung des Hohen Vertreters – dem Rat bis Juli Vorschläge für ein erstes, in Abstimmung mit den Partnerländern ausgearbeitetes Bündel von Aktionsplänen für Länder im Osten und im Süden zur Prüfung vorlegen wird.

Strategische Partnerschaft mit dem Mittelmeerraum sowie dem Nahen und Mittleren Osten

66. Der Europäische Rat hat den Bericht des Vorsitzes, des Generalsekretärs/Hohen Vertreters und der Kommission über eine Strategische Partnerschaft der EU mit dem Mittelmeerraum sowie dem Nahen und Mittleren Osten gebilligt; damit wird durch Festlegung allgemeiner Grundsätze und Ziele eine kohärente Grundlage für die Politik der EU gegenüber den betreffenden Ländern geschaffen.

67. Ziel dieser Strategischen Partnerschaft ist es, die Entwicklung eines gemeinsamen Raums des Friedens, des Wohlstands und des Fortschritts im Mittelmeerraum und im Nahen und Mittleren Osten zu fördern. Sie umfasst eine konkrete politische Agenda, in deren Rahmen die Union durch Partnerschaft und Dialog unter Anerkennung der Verschiedenheit versuchen wird, politische Reformen, verantwortungsvolle Staatsführung, Demokratie und Menschenrechte zu fördern; den Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Liberalisierung der Wirtschaft und die Kontakte zwischen den Menschen anzuregen; die Konfliktverhütung und -lösung im Mittelmeerraum und im Nahen und Mittleren Osten sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und der illegalen Einwanderung zu fördern.

68. Die Europäische Union bekräftigt ihre Ansicht, dass es ohne eine gerechte und dauerhafte Lösung des arabisch-israelischen Konflikts nicht möglich sein wird, wirklich einen gemeinsamen Raum des Friedens, des Wohlstands und des Fortschritts zu schaffen. Allerdings kann die Erzielung von Fortschritten bei der Beilegung des Konflikts keine Vorbedingung für die Durchführung der dringenden Reformaufgaben sein, vor die sich unsere Partnerländer im Mittelmeerraum und im Nahen und Mittleren Osten gestellt sehen. Umgekehrt darf die Durchführung von Reformen keine Vorbedingung für die Beilegung des Konflikts sein.

69. Der Europäische Rat erkennt an, dass die aufgezeigten Herausforderungen durch die Beibehaltung des Status quo nicht bewältigt werden können. Er begrüßt es, dass die Länder des Mittelmeerraums sowie des Nahen und Mittleren Ostens diese Auffassung teilen. Sie haben sowohl im Rahmen ihrer Konsultationen mit der Union als auch im Rahmen öffentlicher Erklärungen, insbesondere der Erklärung von Tunis, die auf dem Gipfeltreffen der Arabischen Liga vom 22./23. Mai 2004 abgegeben wurde, und der vorangegangenen Erklärungen von Alexandria und Sana'a, ihr Engagement für Reformen zum Ausdruck gebracht.

70. Die Europäische Union wird diese Ziele mit ihren Partnerländern in erster Linie im Wege bestehender Strukturen und Vereinbarungen verfolgen. Die Europa-Mittelmeer-Partnerschaft und die Europäische Nachbarschaftspolitik werden auch weiterhin den Eckpfeiler des von der Union vorgesehenen Rahmens der Beziehungen zu den Ländern des Mittelmeerraums bilden. Die EU wird ferner die Beziehungen zu den Mitgliedern des Golf-Kooperationsrates und anderen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens ausbauen. Sie wird dafür sorgen, dass regionale und bilaterale Hilfsprogramme im Rahmen dieser Instrumente und Rahmenregelungen die vorstehend dargelegten Ziele widerspiegeln und zu deren Erfüllung beitragen.

71. Der Europäische Rat bekräftigt, dass die EU bereit ist, die Zusammenarbeit mit den betreffenden Ländern gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und anderen Partnern zu gestalten. Er sieht der Überprüfung des Nahost-Friedensprozesses und der Sondierung der Möglichkeiten für die Koordinierung unserer jeweiligen Bemühungen zur Unterstützung des Reformprozesses auf dem nächsten Gipfeltreffen EU-Vereinigte Staaten am 26. Juni 2004 erwartungsvoll entgegen.

72. Der Europäische Rat wird die Entwicklungen im Rahmen der Strategischen Partnerschaft beobachten und die diesbezüglichen Fortschritte und die künftige Ausrichtung im Juni 2005 überprüfen.
Zusammenarbeit mit strategischen Partnern

73. Die Union baut ihre Beziehungen zu wichtigen strategischen Partnern durch die produktive Zusammenarbeit in einer Reihe von Fragen sowie im Rahmen von Gipfeltreffen weiter aus. Der Europäische Rat ist überzeugt, dass sich die Stärke, Tiefe und Bedeutung der Beziehungen zwischen der EU und den USA in einem erfolgreichen EU-USA-Gipfeltreffen am 26. Juni zeigen werden; eine engere Wirtschaftspartnerschaft und ein intensiverer Dialog zwischen Unternehmen tragen zudem zu einer weiteren Stärkung der Beziehungen bei. In den Beziehungen zwischen der EU und Kanada wurden in jüngster Zeit insbesondere auf dem Gipfeltreffen am 18. März in Ottawa entscheidende Fortschritte erzielt. Die fortwährende Bedeutung der Beziehungen zwischen der EU und Japan wird auf dem Gipfeltreffen EU-Japan am 22. Juni herausgestellt werden.

74. Der Europäische Rat begrüßt die Ergebnisse des EU-Russland-Gipfeltreffens vom 21. Mai sowie auch die Einigung im Hinblick auf die Vorbereitungen auf den Beitritt Russlands zur WTO. Das Gipfeltreffen fand im Anschluss an die Ausweitung des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit auf die erweiterte Union statt; die EU rechnet nunmehr mit einer raschen Ratifizierung des Protokolls zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit. Der Europäische Rat begrüßt außerdem die Zusage Russlands, die Abkommen über die Grenzen Russlands zu Estland und Lettland bald zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Er betont, dass eine umfassende Agenda für die Zusammenarbeit mit den russischen Partnern, darunter auch vorrangig die Entwicklung der "vier gemeinsamen Räume", ansteht. Zusammenarbeit beim Umweltschutz in der Ostseeregion wird ein wichtiger Teil dieser Agenda sein. Unter Bekräftigung seines Appells an Russland, das Kyoto-Protokoll bald zu ratifizieren, und nach der Zusage von Präsident Putin, zügiger auf eine Ratifizierung des Kyoto-Protokolls hinzuarbeiten, fordert der Europäische Rat die Kommission auf, gegenüber der russischen Regierung deutlich zu machen, welcher Nutzen durch eine Ratifizierung in Russland und darüber hinaus entstehen wird.

75. Der Europäische Rat wiederholt seine Zusage, ausgehend von einem gemeinsamen Verständnis und Dialog seine strategische Partnerschaft mit China fortzuführen und eine strategische Beziehung zu Indien zu entwickeln. Der Europäische Rat ersucht den Rat, seine Prüfung des Waffenembargos im Kontext der gesamten Beziehungen der EU zu China fortzusetzen.

Regionale Beziehungen

76. Der Europäische Rat bekräftigt erneut seine Zusage, den Dialog mit regionalen Partnern zu intensivieren. Er begrüßt die jüngsten Fortschritte, die im Rahmen des EU-Afrika-Dialogs erzielt wurden, unter anderem die positiven Ergebnisse der Tagung der Ministertroika vom 1. April in Dublin, und befürwortet weitere Schritte zur Entwicklung und Verbesserung dieses Dialogs. Echte Impulse ergeben sich aus dem neuen Geist der Selbsthilfe, für den die NEPAD als Beispiel steht. Der Europäische Rat würdigt die von der Afrikanischen Union erzielten Fortschritte, insbesondere die Errichtung einer über den afrikanischen Kontinent reichenden Architektur für Frieden und Sicherheit, und wird seine Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und subregionalen Organisationen ausbauen. Mit dem erfolgreichen Start der Friedensfazilität für Afrika wie auch mit den Aktivitäten im Rahmen der ESVP wird die Grundlage für eine engere und wirksamere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Afrika auf dem immens wichtigen Gebiet der Konfliktbewältigung und –verhütung geschaffen.

77. Der Europäische Rat begrüßt ferner, dass die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika/dem Karibischen Raum durch das Gipfeltreffen am 28./29. Mai in Guadalajara, Mexiko, gestärkt wurden, und betont sein Engagement für eine umfassende Entwicklung des Potenzials dieser Beziehungen. Die Union wird beginnen, auf das nächste Gipfeltreffen in Wien im Jahr 2006 hinzuarbeiten, wobei sie auf dem Ergebnis des Gipfeltreffens von Guadalajara aufbauen wird.

Besondere Situationen, die Anlass zur Besorgnis geben

78. Der Europäische Rat hat sich mit einer Reihe von besonderen Situationen, die Anlass zur Besorgnis geben, befasst. Er hat die beiliegenden Schlussfolgerungen zu Irak und zum Nahost-Friedensprozess angenommen.

Sudan/Darfur

79. Der Europäische Rat bringt nachdrücklich seine tiefe Besorgnis über die fortwährende humanitäre Krise und die schweren Verstöße gegen die Menschenrechte in Darfur zum Ausdruck. Er ruft die Regierung Sudans auf, alles zu tun, um den Zugang für humanitäre Organisationen und den Schutz und die Sicherheit der Zivilbevölkerung und der humanitären Helfer sicherzustellen und die Milizen zu entwaffnen. Er begrüßt das am 8. April unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen von N'djamena und fordert die Parteien dringend dazu auf, so bald wie möglich zu einer politischen Übereinkunft zu gelangen. Er begrüßt die Bemühungen der Afrikanischen Union (AU), den Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands in der Darfur-Region umzusetzen, und bekräftigt die Zusage der EU, sich an dieser Mission zu beteiligen und sie finanziell zu unterstützen.

Demokratische Republik Kongo

80. Der Europäische Rat bringt seine tiefe Besorgnis über die jüngsten Ereignisse im östlichen Kongo zum Ausdruck, die den Übergangsprozess gefährden könnten. Er fordert die kongolesische Führung auf, ihrer Verantwortung hinsichtlich der Durchführung der Agenda für die Übergangsphase voll nachzukommen, und weist erneut darauf hin, dass eine unverzügliche Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration der ehemaligen Kombattanten ebenso wie die Schaffung einer geeinigten, integrierten Armee und Polizei entscheidende Faktoren für den Erfolg der Agenda sind. Er bekräftigt erneut, dass er die VN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo unterstützt. Der Europäische Rat fordert alle Nachbarländer, insbesondere Ruanda, auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um den Friedensprozess in der Demokratischen Republik Kongo zu unterstützen und sowohl bi- als auch multilateral in Bereichen von gegenseitigem Nutzen zusammenzuarbeiten. Die EU ist bereit, diese Länder in ihren Bemühungen zu unterstützen.
Iran

81. Der Europäische Rat hebt hervor, dass die Union auf eine engere Beziehung zu Iran hinarbeiten möchte, und zwar auf der Grundlage der Maßnahmen, die von Iran ergriffen werden, um auf die Besorgnisse der EU hinsichtlich des iranischen Nuklearprogramms, der Bekämpfung des Terrorismus und der Lage der Menschenrechte einzugehen, sowie auf der Grundlage der Haltung Irans zum Nahost-Friendensprozess. Er nimmt Kenntnis von der laufenden Arbeit der IAEO in Iran und fordert mit Nachdruck zur umfassenden Zusammenarbeit mit der Organisation im Geiste uneingeschränkter Transparenz in Bezug auf sein Nuklearprogramm auf, damit alle offenen Fragen geklärt werden können. Die Europäische Union wird auf der Grundlage des jüngsten Berichts des Generaldirektors der IAEO, El-Baradei, und der Ergebnisse der Sitzung des Gouverneursrates der IAEO, die derzeit in Wien stattfindet, weiterhin Beratungen führen.
Ernennung des Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für den Kosovo

82. Der Europäische Rat begrüßt die Ankündigung des VN-Generalsekretärs, dass er beabsichtigt, Herrn Soren Jessen Petersen zu seinem Sonderbeauftragten für den Kosovo und zum UNMIK-Chef zu ernennen. Die EU wird eng mit dem neuen Sonderbeauftragten zusammenarbeiten und ihn nach Kräften bei seinen Bemühungen unterstützen, auf der Grundlage der Durchführung der Resolution 1244 des Sicherheitsrates einen wirklich multiethnischen Kosovo zu gewährleisten.

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PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN IN SERBIEN

Die Europäische Union hat am 1. Mai den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten und die Überwindung der tragischen Spaltung Europas in der Nachkriegszeit gefeiert. Der Europäische Rat bekräftigt die mit der Agenda von Thessaloniki gemachte eindeutige Zusage, dass die Zukunft Serbiens und Montenegros sowie der übrigen westlichen Balkanstaaten in der Europäischen Union liegt.
Die Europäische Union betont, dass die serbischen Präsidentschaftswahlen am 27. Juni für Serbien, für den Staatenbund Serbien und Montenegro und für die Entwicklung ihrer Beziehungen zur Europäischen Union von entscheidender Bedeutung sind. Der Europäische Rat fordert das serbische Volk auf, sein demokratisches Wahlrecht auszuüben und damit sicherzustellen, dass sich Serbien entschlossen aus der Isolierung der Vergangenheit löst und durch Demokratie, Reformen, regionale Zusammenarbeit und Achtung der Menschenrechte, Wahrung der Rechtsstaatlichkeit sowie Einhaltung internationaler Verpflichtungen auf die europäische Integration hinsteuert. Die Europäische Union ist gewillt, mit der politischen Führung Serbiens im Geiste der europäischen Integration und auf der Grundlage eines gemeinsamen Bekenntnisses zu den europäischen Werten zusammenzuarbeiten.

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EUROPÄISCHE VERTEIDIGUNG: NATO/EU-KONSULTATIONEN, PLANUNG UND OPERATIONEN

Der Europäische Rat begrüßte den vom Generalsekretär/Hohen Vertreter vorgelegten Bericht (Dok. 10596/04 vom 15. Juni 2004) über die bisherigen Fortschritte bei der Umsetzung der Vorschläge des Dokuments "Europäische Verteidigung: NATO/EU-Konsultationen, Planung und Operationen", das vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Brüssel im Dezember 2003 begrüßt worden war. Der Europäische Rat bekräftigte, wie wichtig es ist, dass die diesbezüglichen Maßnahmen so bald wie möglich in Kraft treten und die erforderlichen Mittel vorrangig zur Verfügung gestellt werden.

Der Europäische Rat kam überein, die Arbeiten im Hinblick auf die Einrichtung einer zivil-militärischen Zelle innerhalb des Militärstabs der EU nach den Vorgaben des oben erwähnten Berichts voranzubringen, und vereinbarte, dass die Zelle spätestens Ende dieses Jahres ihre Arbeit aufnimmt.

Der Europäische Rat kam überein, die Arbeiten im Hinblick auf die Einrichtung einer kleinen EU-Zelle im Obersten Hauptquartier der Alliierten Mächte in Europa (SHAPE) und die Regelungen für die Verbindung der NATO mit den EUMS nach den Vorgaben des oben erwähnten Berichts voranzubringen, und ersuchte den Generalsekretär/Hohen Vertreter, sich mit dem Generalsekretär der NATO in Verbindung zu setzen, damit eine baldige Einigung erreicht und die entsprechenden Regelungen bis Ende des Jahres in Kraft treten können.

Der Europäische Rat kam überein, die Arbeiten im Hinblick auf die Einrichtung eines Operationszentrums voranzubringen. Der Europäische Rat vereinbarte, dass die Fähigkeit zur raschen Einrichtung eines Operationszentrums spätestens bis zum 1. Januar 2006 gegeben sein sollte. Der Europäische Rat unterstrich die Bedeutung der für diese Fähigkeit geltenden Parameter, wie sie in dem vom Europäischen Rat im Dezember 2003 gebilligten Dokument des Vorsitzes aufgeführt sind, insbesondere dass es sich nicht um ein ständiges Hauptquartier handeln wird, dass im Falle eigenständiger militärischer Operationen die nationalen Hauptquartiere weiterhin die primäre Option bleiben und dass ein etwaiger Beschluss, auf die kollektive Fähigkeit des EUMS zurückzugreifen, auf der Grundlage des Ratschlags des Militärausschusses gefasst wird, vor allem, wenn eine gemeinsame zivil-militärische Reaktion erforderlich ist und kein nationales Hauptquartier bestimmt wurde. Dementsprechend und somit unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und anderen Spezifizitäten, die sich aus dem Umstand ergeben, dass es sich nicht um ein ständiges Hauptquartier handelt, vereinbarte der Europäische Rat als Ziel die Einrichtung eines Operationszentrums, das in der Lage ist, innerhalb des im Vertrag vorgesehenen Aufgabenspektrums Operationen in der Größenordnung der Operation "Artemis" zu planen und durchzuführen. Der Europäische Rat ersuchte den Generalsekretär/Hohen Vertreter, hierzu einen detaillierten Vorschlag vorzulegen, der sich auf Stellungnahmen des EUMC und des Civcom stützt und dem PSK als Grundlage für die weiteren Diskussionen dienen soll. Er wies darauf hin, dass im Lichte der Erfahrungswerte geprüft werden könnte, wie Art und Umfang dieser Fähigkeit weiterentwickelt werden könnten, und dass dies einen weiteren Beschluss des Rates erfordern würde.

Der Europäische Rat unterstrich die Notwendigkeit, die Synergien zwischen diesen neuen ESVP-Einrichtungen und den bestehenden Ratsstrukturen voll auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang begrüßte der Europäische Rat, dass man sich dahingehend verständigt, dass die zivil-militärische Zelle und die Einrichtungen für ein Operationszentrum im selben Gebäude wie die Hauptstrukturen des EUMS untergebracht werden sowie zusammen mit – in möglichst großem Umfang – den politisch-militärischen Strukturen der DG E.

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IRAK

Die EU bekräftigt, dass es ihr auf einen sicheren, stabilen und geeinten Irak ankommt, in dem Wohlstand und Demokratie herrschen und der einen positiven Beitrag zur Stabilität der Region leistet und mit seinen Nachbarn und der internationalen Gemeinschaft konstruktiv zusammenarbeitet, um den gemeinsamen Herausforderungen zu begegnen. Sie ist sich darin einig, dass die EU als Ganzes partnerschaftlich mit der irakischen Übergangsregierung und dem irakischen Volk zusammenarbeiten sollte, damit diese Ziele erreicht werden können.

Vor diesem Hintergrund sieht der Europäische Rat der Wiederherstellung der Souveränität Iraks zum 30. Juni 2004 erwartungsvoll entgegen und begrüßt es, dass mit Hilfe der Vereinten Nationen eine völlig souveräne irakische Übergangsregierung gebildet worden ist, die ab dem genannten Termin, d.h. dem Ende der Besatzung und der Auflösung der "Coalition Provisional Authority" (Interimsbehörde der Koalitionskräfte), die volle Hoheitsgewalt ausüben wird.

In diesem Zusammenhang begrüßt der Europäische Rat die einstimmige Annahme der Resolution 1546 des VN-Sicherheitsrates, mit der den Irakern internationale Unterstützung zugesagt wird, damit sie frei über ihre politische Zukunft entscheiden und ihr Land wieder aufbauen können, und mit der den Vereinten Nationen, sofern die Umstände dies erlauben, eine führende Rolle beim politischen Übergang übertragen wird.
Der Europäische Rat begrüßt das Bekenntnis des neuen irakischen Ministerpräsidenten zur Stärkung der nationalen Einheit und unterstreicht die Bedeutung der bevorstehenden Nationalen Konferenz, die ein weiteres Mittel zur Stärkung der politischen Repräsentativität der politischen Institutionen in Irak vor den Wahlen im Januar 2005 darstellt.

Der Europäische Rat begrüßt die Aussicht auf Wahlen zu einer Übergangs-Nationalversammlung im Januar 2005 als bedeutenden Schritt zur Errichtung eines demokratischen Iraks. In diesem Zusammenhang begrüßt der Europäische Rat auch die Bildung der unabhängigen Wahlkommission für Irak und die führende Rolle, welche die VN bei der Beratung der irakischen Übergangsregierung in Bezug auf den Wahlprozess spielen.
Der Europäische Rat nimmt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Die Europäische Union und Irak – Rahmenkonzept für ein zunehmendes Engagement" sowie das Schreiben des Hohen Vertreters und der Kommission, in dem weitere Bereiche für ein Engagement abgesteckt werden, billigend zur Kenntnis. Der Europäische Rat ersucht den Rat (Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen), auf seiner Tagung im Juli die spezifischen Empfehlungen der Kommission und des Hohen Vertreters zu prüfen und sich über geeignete erste Schritte zu einigen. Dazu könnte Folgendes gehören:

  • kontinuierliche Bereitstellung von technischer und wirtschaftlicher Hilfe und von Hilfe für den Wiederaufbau;
    enge Zusammenarbeit mit den VN-Teams, auch bei der Vorbereitung der Wahlen;
  • Stärkung der Vertretung der EU in Irak, soweit die Umstände dies erlauben;
  • Einleitung eines politischen Dialogs;
  • Nutzung des Dialogs der EU mit den Nachbarn des Iraks, um ein positives Engagement und die regionale Unterstützung für den politischen Prozess und den Wiederaufbau in Irak zu fördern.

Um diese Maßnahmen voranzubringen, wird der Rat ersucht, möglichst bald ein Treffen der Troika mit der neuen irakischen Regierung abzuhalten und den irakischen Ministerpräsidenten einzuladen, vor dem Rat zu sprechen.

Der Europäische Rat wird die Fortschritte im Zusammenhang mit dem Engagement in Irak auf seiner Tagung im November 2004 prüfen.

Der Europäische Rat begrüßt es, dass zum Nutzen des irakischen Volkes und im Interesse der Stabilität in der Region gegebenenfalls eine internationale Tagung zur Unterstützung des politischen Übergangs in Irak und des Wiederaufbaus im Lande stattfinden wird.

Unter Bezugnahme auf den Bericht der Hohen Kommissarin der VN für Menschenrechte zur derzeitigen Menschenrechtslage in Irak unterstreicht der Europäische Rat die Bedeutung eines wirklichen Schutzes und einer tatsächlichen Förderung der Menschenrechte und ruft die neue irakische Regierung auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Der Rat bekräftigt, dass er Terroranschläge, die so viele Menschenleben kosten und große Zerstörungen verursachen, verurteilt. Er verurteilt auch die Geiselnahmen und die Morde, die begangen worden sind. Der Europäische Rat bedauert, dass die Welle terroristischer Gewalt in Irak das Leid des irakischen Volkes verlängert und dass dadurch politische Fortschritte und der wirtschaftliche Wiederaufbau im Lande behindert werden. Der Europäische Rat begrüßt es, dass sich alle Parteien mit der Resolution 1546 des VN-Sicherheitsrates verpflichten, im Einklang mit dem Völkerrecht zu handeln, wozu auch die Verpflichtungen im Rahmen des humanitären Völkerrechts gehören, und fordert sie auf, die Einhaltung dieser Verpflichtungen sicherzustellen.

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FRIEDENSPROZESS IM NAHEN OSTEN

Der Europäische Rat hat Rückschau gehalten über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten. Die Europäische Union setzt sich uneingeschränkt dafür ein, den Friedensbemühungen neue Impulse zu geben.
Er ist besorgt über die fortwährende Gewalt, von der sowohl Israelis als auch Palästinenser betroffen sind. Er fordert erneut ein Ende der Terroranschläge extremistischer Gruppen, die den Tod zahlreicher unschuldiger Menschen zur Folge hatten. Er ruft die Palästinensische Behörde auf, gegen diejenigen vorzugehen, die an terroristischen Aktionen beteiligt sind. Er erkennt das legitime Recht Israels auf Selbstverteidigung an, weist aber gleichzeitig erneut auf die Pflicht Israels hin, bei der Wahrnehmung dieses Rechts die Bestimmungen des Völkerrechts einzuhalten. Er ist äußerst besorgt über die andauernde humanitäre Krise in den besetzten palästinensischen Gebieten und fordert die Regierung Israels auf, entsprechend dem Völkerrecht und der Resolution 1544 des VN-Sicherheitsrates die Zerstörungen einzustellen und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um das Leid der Palästinenser zu mindern.

Der Europäische Rat begrüßt den angekündigten Rückzug Israels aus dem Gaza-Streifen. Dieser Rückzug könnte einen bedeutenden Schritt hin zur Umsetzung des Fahrplans darstellen, sofern seine Durchführung im Einklang mit den in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2004 genannten Punkten erfolgt. Die Europäische Union wird keinerlei Änderung der vor 1967 geltenden Grenzen anerkennen, die nicht durch Übereinstimmung der Parteien erreicht wird. Im Rahmen des Quartetts wird die EU mit Israel auf einen vollständigen Rückzug und mit den Palästinensern auf die Gewährleistung von Sicherheitsbedingungen hinarbeiten. Der Europäische Rat ist entschlossen, die Gelegenheit, die sich mit dieser Initiative bietet, zu nutzen, und bittet den Hohen Vertreter, mit den israelischen und palästinensischen Behörden zusammenzutreffen, um zu prüfen, welcher Beitrag von europäischer Seite zum Rückzug und zur Umsetzung des Fahrplans geleistet werden kann, und entsprechende Vorschläge auszuarbeiten.

Der Europäische Rat begrüßt das Ergebnis der Tagung des Nahost-Quartetts vom 4. Mai in New York. Desgleichen begrüßt er, dass die Liga der Arabischen Staaten auf ihrer Gipfeltagung vom 22./23. Mai in Tunis die Beiruter Friedensinitiative erneuert und ihre weitere Unterstützung für den Fahrplan zum Ausdruck gebracht hat und dass die Liga die Gewalthandlungen gegen Zivilisten unterschiedslos verurteilt. Der Europäische Rat begrüßt die Erklärung der G8, mit der das Quartett aufgefordert wird, vor Ende dieses Monats in der Region zusammenzutreffen. Die EU sieht diesem Treffen, mit dem der Friedensprozess weiter vorangebracht werden soll, erwartungsvoll entgegen.

Der Europäische Rat bekräftigt seine Überzeugung, dass der Fahrplan die einzige Möglichkeit bietet, um zu einer Zweistaatenlösung auf dem Verhandlungsweg zu gelangen. Er ist entschlossen, den im Fahrplan vorgezeichneten Weg energisch fortzusetzen, und ruft beide Seiten auf, ihren im Fahrplan eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen.

Der Europäische Rat ruft die Palästinensische Behörde dringend auf, unverzüglich entscheidende Schritte zu unternehmen, um alle palästinensischen Sicherheitsdienste unter die eindeutige Kontrolle eines Premierministers und eines Innenministers zu stellen, die ordnungsgemäß bevollmächtigt sind. Er bekräftigt seine Bereitschaft, die Palästinensische Behörde bei der Übernahme der Verantwortung für die öffentliche Ordnung und insbesondere bei der Verbesserung der Kapazität ihrer Zivilpolizei und ihrer Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen. Die EU wird diesbezügliche praktische Schritte prüfen. Die Europäische Union würdigt und unterstützt die Mitwirkung der ägyptischen Regierung in dieser Hinsicht und bekräftigt ihre Bereitschaft, mit der ägyptischen Regierung zusammenzuarbeiten. Der Europäische Rat dringt darauf, dass die Kontakte und der Dialog zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde weiterentwickelt werden.

Der Europäische Rat fordert ferner Israel dringend dazu auf, eine Umkehr in seiner Siedlungspolitik herbeizuführen, d.h. alle Siedlungsaktivitäten einzustellen, die seit März 2001 errichteten Siedlungsaußenposten aufzulösen sowie der Beschlagnahme von Land und der Errichtung des so genannten Sicherheitszauns auf palästinensischem Boden ein Ende zu setzen; all diese Maßnahmen drohen die Zweistaatenlösung physisch undurchführbar zu machen.

Der Europäische Rat ruft zu erneuten Bemühungen um einen umfassenden Waffenstillstand als Schritt zur Zerschlagung der Fähigkeiten und der Infrastruktur der Terroristen und zu erneuten Fortschritten auf dem Weg zum Frieden auf.

Der Europäische Rat begrüßt die Einrichtung des Treuhandfonds der Weltbank und ruft zu internationaler Unterstützung für diese bedeutende Initiative für den Wiederaufbau der palästinensischen Wirtschaft und Gesellschaft auf.

Der Europäische Rat bekräftigt seine Überzeugung, dass eine gerechte und dauerhafte Lösung im Friedensprozess nur durch Verhandlungen zwischen den Parteien und durch Unterstützung der internationalen Gemeinschaft erreicht werden kann. Gewalt und Terror haben keinen Platz bei der Suche nach einem gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Eine politische Perspektive ist für den Friedensprozess von entscheidender Bedeutung. Der Europäische Rat erinnert daran, dass ein umfassender Frieden im Nahen Osten auch Syrien und Libanon einbeziehen muss.





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