Charles de Gaulle
(1890 - 1970)

Photo 1 : Charles de Gaulle (1958-1969) Mit General de Gaulle sind zwei Bilder verknüpft: dasjenige des Mannes vom 18. Juni 1940 und dasjenige des Gründers der V. Republik im Jahre 1958.

Charles de Gaulle wurde am 22. November 1890 in Lille als Sohn einer katholischen und patriotischen Familie geboren. Nach dem Verlassen der Militärakademie Saint-Cyr im Jahre 1912 wählte er die Infanterie, die er für "militärischer" hielt. Im Ersten Weltkrieg wurde er verwundet und 1916 gefangengenommen; nach mehreren Fluchtversuchen wurde er in der Festung von Ingoldstadt inhaftiert.

Photo 2 : Dieses Plakat war das erste, das im Juli 1940 an den Wäden Londons angeschlagen wurde. Zwischen den beiden Weltkriegen dachte er über eine Reform der Armee nach. In seinem 1934 veröffentlichten Werk Vers l'armée de métier [Einführung einer Berufsarmee] befürwortete er den Einsatz einer Panzertruppe. De Gaulle, 1937 Oberst und Ende Mai 1940 für eine bestimmte Zeit lang General, wurde von Paul Reynaud, dem Ministerpräsidenten, am 5. Juni zum Staatssekretär für nationale Verteidigung und Kriegswesen benannt. Nach seiner Rückkehr von einer Mission in England erfuhr er am 16. Juni, daß Frankreich um einen Waffenstillstand ersucht hatte. Er kehrte unverzüglich nach London zurück, um den Krieg fortzuführen, und rief am 18. Juni über die BBC zum Widerstand auf.Illustration : Dieses Plakat war das erste, das im Juli 1940 an den Wäden Londons angeschlagen wurde.

Photo 3 : General de Gaulle am Nachmittag des 8. Mai 1945 vor dem Grab des unbekannten Soldaten am Triumphbogen.Durch seine Entschlossenheit und die Unterstützung Churchills gelang es ihm, Streitkräfte zu organisieren, die die freien französischen Streitkräfte wurden. Er schuf ein französisches nationales Komitee mit Hilfe von René Cassin, aus dem am 3. Juni 1943 das Französische Komitee für die Nationale Befreiung und ein Jahr später die provisorische Regierung der Französischen Republik hervorging. Während dieser Kriegsjahre scharte er nach und nach die Gebiete des französischen Kolonialreiches um sich, faßte seine Streitkräfte mit der von Jean Moulin im Innern Frankreichs angeführten Widerstandsbewegung zu einem einheitlichen Heer zusammen und machte aus Frankreich an der Seite der Alliierten, das heißt Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, eine der Siegermächte. Von seinem Amt als Präsident der provisorischen Regierung trat de Gaulle am 20. Januar 1946 zurück, da er und die verfassunggebende Nationalversammlung hinsichtlich der Organisation des Staates unterschiedlicher Meinung waren. Photo 4 : Befreiung von Paris. Nachdem sich General de Gaulle zum Grab des unbekannten Soldaten begeben hatte, schritt er die Champs-Elysées h ...

Photo 5 : Rede von Bayeux , 16. Juni 1946.In seiner Rede von Bayeux am 16. Juni 1946 erläuterte er die Grundzüge einer Verfassung mit einer starken Exekutive, eine Vorwegnahme der Verfassung der V. Republik. Am 14. April 1947 gründete er die Bewegung Rassemblement du peuple français [Sammlungsbewegung des französischen Volkes], die zwar bei den Kommunalwahlen große Erfolge verbuchte, sich allerdings bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Jahre 1951 kaum durchzusetzen vermochte. Die RPF schulte und mobilisierte jedoch Aktivisten, schuf eine Machtbasis, die sich 1958 als wichtig erwies.

Illustration : Präsident Coty beauftragt den bedeutendsten Franzosen, General de Gaulle, mit der Bildung einer neuen Regierung.Das Unvermögen der IV. Republik, die Algerienfrage zu lösen, führte dazu, daß zahlreiche Politiker aller Lager eine Rückkehr des Generals wünschten. Nach dem Militärputsch von Algier am 13. Mai 1958 beauftragte der Präsident der Republik René Coty den "bedeutendsten Franzosen" mit der Bildung einer neuen Regierung. Am 1. Juni wurde Charles de Gaulle dann der letzte Ministerpräsident der IV. Republik. Er erhielt Sondervollmachten und ließ eine neue Verfassung ausarbeiten, die bei einem Volksentscheid am 28. September 1958 mit 79,2% Ja-Stimmen angenommen wurde. Die verschiedenen Besitzungen des Kolonialreiches billigten ebenfalls die Verfassung, allerdings mit Ausnahme Guineas, das somit als erster afrikanischer Staat seine Unabhängigkeit erlangte. Am darauffolgenden 21. Dezember wurde de Gaulle von einem Wahlmännergremium zum Präsidenten der Republik und der afrikanischen und madegassischen Gemeinschaft gewählt.

Photo 6 :Januar 1944 Konferenz von Brazzaville General de Gaulle spricht zur Bevölkerung Die vordringlichste Aufgabe war aber das Algerienproblem. De Gaulle unternahm zahlreiche Reisen und erkannte, daß die Unabhängigkeit Algeriens unumgänglich war. Nach dem Angebot des "Friedens der Tapferen" im Oktober 1958 bot er den Algeriern im darauffolgenden Jahr die Selbstbestimmung an. Der Putsch der Generale am 22. April 1961 scheiterte und vermochte die Aufnahme von Verhandlungen mit der algerischen Unabhängigkeitsbewegung Front de la Libération Nationale nicht zu verhindern. Algerien wurde durch das Abkommen von Évian, das am 22. März 1962 unterzeichnet wurde und durch einen Volksentscheid in beiden Ländern angenommen wurde, unabhängig.

Photo 7 : Konferenz von Brazzaville am 30. Januar 1944 General de Gaulle h? eine Rede. Zu seiner Ren?leven, Regierungsbeauftragter f? Kolonien.Das Jahr 1962 markierte einen wirklichen Wendepunkt. Nachdem Frankreich von der Last des Algerienkrieges befreit war, aber noch unter seinen Folgen (Rückführung der Franzosen, Attentate der Verschwörerorganisation OAS) zu leiden hatte, bemühte sich der Staatschef, eine Politik der nationalen Unabhängigkeit zu betreiben, die den Rang Frankreichs in der Welt stärkte. De Gaulle setzte die Nuklearpolitik der IV. Republik fort, was zur Zündung der ersten französischen Atombombe im Februar 1960 in Reganne in der Sahara führte. De Gaulle, der eine Bevormundung durch die Vereinigten Staaten ablehnte, zog Frankreich nach und nach aus der integrierten militärischen Struktur der NATO zurück (1966 war dieser Vorgang abgeschlossen), ohne allerdings das Bündnis an sich zu verlassen. Bestrebt, ein wirklich europäisches Europa zu schaffen, suchte er eine Annäherung an die Bundesrepublik Deutschland und unterzeichnete mit ihr am 22. Januar 1963 den Elysée-Vertrag. Da Großbritannien seines Erachtens zu sehr auf die Vereinigten Staaten ausgerichtet war, lehnte er dessen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ab. Die gemeinsame Agrarpolitik, die auf seine Initiative hin 1963 geschaffen wurde, stärkte die EWG.

Eine "Politik der freien Hände" hieß aber auch die Präsenz Frankreichs in der Welt stärken, und zwar sowohl gegenüber den Staaten, die aus der einstigen afrikanischen und madegassischen Gemeinschaft hervorgegangen und seit 1960 unabhängig waren, als auch in Asien und Lateinamerika. 1964 erkannte de Gaulle die Volksrepublik China an und unternahm eine lange Reise durch Lateinamerika. In Phnom-Penh hielt er 1966 eine Rede, in der er die amerikanische Vietnampolitik heftig kritisierte. Als der General im Juli 1967 bei einem Staatsbesuch in Quebec "Es lebe das freie Quebec" ausrief, verstärkte er seinen Widerstand gegen den amerikanischen Imperialismus, während er gleichzeitig die historische Präsenz Frankreichs in Nordamerika verteidigte. De Gaulle suchte aber auch die Annäherung an die Sowjetunion und an ihre Satellitenstaaten, um das von ihm gewünschte "Europa vom Atlantik bis zum Ural" zu schaffen. Seine Reise in die U.d.S.S.R im Juni 1966 ebnete den Weg für die Politik der "Entspannung, Verständigung und Zusammenarbeit". General de Gaulle hielt jedoch stets treu zum westlichen Lager; bei der Kubakrise 1962 war er zum Beispiel der erste, der Kennedy gegen Chruschtschow unterstützte.

Photo 8 : Rede von Bayeux, 16. Juni 1946.Ein mächtiges Frankreich war aber ohne stabile Institutionen nicht denkbar. Die Verfassung der V. Republik, die die Handschrift General de Gaulles trug, stellte hierzu das wichtigste Mittel dar. Gestärkt werden mußte aber auch die Exekutive durch die Unterstützung des Volkes; denn die Abhaltung eines Volksentscheids über wichtige Entscheidungen, wie beispielsweise die Selbstbestimmung Algeriens (8. Januar 1961), das Abkommen von Évian (8. April 1962), die Verfassungsreform (28. Oktober 1962), die Regionalisierung und die Reform des Senats (27. April 1969), reichte nicht aus. Nach dem Attentat in Pariser Vorort Petit-Clamart am 22. August 1962 schlug der General die Wahl des Staatschefs in allgemeiner Wahl vor, damit dieser über die erforderliche Legitimation gegenüber die Abgeordneten verfügte. Seitdem stellen die Präsidentschaftswahlen eine der wichtigsten Gelegenheiten für eine Beteiligung der Bürger am politischen Leben dar. 1965 wurde der Präsident der Republik zum ersten Mal in allgemeiner Wahl bestimmt. Nach seiner ersten siebenjährigen Amtszeit wurde de Gaulle mit 54,8% der Stimmen gegen François Mitterrand gewählt.

Nach der Währungsreform im Jahre 1958 kam Frankreich das Wirtschaftswachstum zugute, das unter der IV. Republik eingesetzt hatte. Aber Frankreich "langweilte sich", und die Maiunruhen des Jahres 1968 offenbarten dies. Zum Protest der Studenten kam die Unzufriedenheit der Arbeiter hinzu. Der General wollte eine Reform der Gesellschaft, die insbesondere auf eine stärkere Beteiligung am Leben im Unternehmen abzielte. Am 30. Mai löste er aber die Nationalversammlung auf. Und am 27. April 1969 lehnten die Franzosen eine Vorlage zur Regionalisierung und Reform des Senats in einem Volksentscheid mit 52,4% der Stimmen ab. Wie angekündigt und das Volk als Souverän achtend, trat de Gaulle am darauffolgenden Tage zurück.

Er zog sich nach Colombey-les-Deux-Eglises zurück, wo er sich jeglicher politischer Stellungnahme enthielt und weiter an seinen Memoiren schrieb. Seine Mémoires de Guerre (Kriegsmemoiren) waren bereits 1954 zum Teil erschienen; als Charles de Gaulle am 9. November 1970 starb, war lediglich der erste Band der Mémoires d'espoir (Memoiren der Hoffnung) vollendet. Während in der Notre-Dame von Paris Staats- und Regierungschefs und hohe Persönlichkeiten aus aller Welt an einem Staatsakt teilnahmen, wurde er auf dem Friedhof von Colombey in Anwesenheit seiner Familie, der Kampfgefährten der Befreiung und der Einwohner seines Dorfes beigesetzt.

Quelle : Fondation Charles de Gaulle





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