Europaeischer fruehjahrsrat pressekonferenz mit Staatspraesident Jacques CHIRAC - Auszuege

Europaeischer fruehjahrsrat pressekonferenz mit Staatspraesident Jacques CHIRAC - Auszuege -

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Bruessel, 9. Maerz 2007


Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte zu allererst die Präsidentschaft begrüßen und ihr danken. Sie war in jeder Hinsicht ausgezeichnet; bei der Vorbereitung und beim Ablauf eines Rates, der in meinen Augen zu den großen Augenblicken der Geschichte Europas zählt. Es war nicht leicht zu handhaben und Frau Merkel ist dabei sehr klug und elegant vorgegangen. Dafür danke ich ihr.

Warum war es ein wichtiges Ratstreffen? Weil es darum ging, die Probleme in den Bereichen Energie und Klima zu behandeln. Dies sind wichtige Themen. Das ist in der Öffentlichkeit in Frankreich, Europa und weltweit zu spüren. Der Rat ist zu einem extrem positiven Ergebnis gekommen, mit dem Europa zeigen kann, dass es als erster Kontinent ein schwerwiegendes Problem zur Kenntnis nimmt und Lösungen dafür liefert.

Warum habe ich diesem Treffen eine besondere Bedeutung beigemessen? Weil der Europäische Rat zu einem großen Teil auf Initiative Frankreichs den Grundsatz einer neuen europäischen Energiepolitik geschaffen hat, die die Herausforderung durch das Klima mit einschließt.

Wir haben heute mit der Verabschiedung eines ehrgeizigen Aktionsplans eine bedeutende Etappe beschritten, der fast alle Vorschläge aufnimmt, die wir gemacht hatten.

Europa bekräftigt so seine Führungsrolle bei der Bekämpfung der Klimaveränderung und setzt sich einseitig ein Ziel zur Reduzierung der Treibhausgase um 20% bis 2020. Diese Verpflichtung wird gegebenfalls auf 30% angehoben werden können, und zwar im Rahmen eines "Post-Kyoto-Abkommens", das andere große Länder der Erde dazu verpflichten würde, gleichermaßen vorzugehen und die gleiche Anstrengung zu unternehmen. Das ist ein sehr starkes Signal.

Jetzt, da die Debatte über das Klima die Bürger der Welt offensichtlich immer mehr beschäftigt, da diese Debatte in Nordamerika Form annimmt und da China beginnt, sich der Dringlichkeit in Sachen Umweltschutz bewusst zu werden, waren die Initiative und die Beispielhaftigkeit Europas besonders angebracht.

Europa engagiert sich konkret auf dem Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf 25% bis 2050. Dies ist eine wahre Revolution im Umgang mit unserer Energie. Ferner bemühen wir uns verstärkt um Energieeffizienz mit 20% Energieeinsparungen bis 2020. Die beiden Ziele sind selbstverständlich kohärent.

Wir tätigen beachtliche Investitionen in die Entwicklung kohlenstoffarmer Energie. Frankreich unterstützt als Hauptproduzent erneuerbarer Energien in Europa das verpflichtende Ziel – über den Begriff verpflichtend haben wir diskutiert und er wurde von allen angenommen – von 20% erneuerbaren Energien und 10% Biokraftstoffen bis 2020.

Aber die erneuerbaren Energie sind nur ein Teil der Antwort und reichen nicht aus, um unsere Klimaziele zu erreichen. Alle Studien, insbesondere die der Kommission, bezeugen dies. Deswegen bestand Frankreich darauf, die erneuerbaren Energien in den breiteren Rahmen der leicht kohlenstoffhaltigen Energien zu setzen, darunter die saubere Kohle, die noch einiger Investitionen bedarf, und die Atomkraft.

Das war der bedeutende Schritt. Täuschen Sie sich hier nicht. Dieser Schritt ist vergleichbar mit den Entwicklungen, die seit mehreren Jahren stattfinden – der Einführung des Euro und dem Europa der Verteidigung. Das ökologische Europa – auch das ist ein extrem wichtiger Schritt, der mit Sicherheit das Leben unseres Planeten prägen wird. Europa hat gezeigt, dass es fähig ist, bei unendlich komplexen und heiklen Themen eins zu sein, Willen und Entschlossenheit zu zeigen und vorwärts zu gehen. Dies beweist hinsichtlich Europa – das möchte ich den professionellen Skeptikern, die es überall auf der Welt gibt, sagen –, dass hier etwas wirklich außergewöhnliches passiert, das betont und beachtet werden muss.

Das war der Hauptgrund, warum dieser Rat wichtig für mich war.

Aber wir haben auch über andere Dinge gesprochen. Bei den Gesprächen über den 50. Jahrestag der Römischen Verträge konnten wir eine breite Übereinstimmung unserer Meinungen feststellen. Wir werden uns übrigens in 14 Tagen in Berlin wieder mit der Bundeskanzlerin treffen. Ich habe meine Unterstützung einer ehrgeizigen Erklärung am 25. März bekräftigt. Ehrgeizig, da sie die lebenswichtige Bedeutung des Projektes Europa in Erinnerung ruft, das der Garant für Demokratie, Frieden und Wohlstand in Europa ist. Das darf man nie vergessen. Man kann die Dinge immer einseitig betrachten, aber Europa ist tatsächlich die Garantie für Frieden, Demokratie und Stabilität.

Für eine ehrgeizige Erklärung, für die Zukunft und die großen Herausforderungen der modernen Welt. Mir war die humanistische Dimension des Projektes Europa wichtig, ebenso wie die kulturelle Dimension eines Europa, das Identitäten respektiert und stark wegen seiner Vielfalt ist. Für ein soziales Ziel auch, das untrennbar ist von seiner wirtschaftlichen Dimension, denn Europa kann nur auf Erfolg bei der Globalisierung hoffen, wenn es sich auf den sozialen Zusammenhalt stützt.

Beim Thema Institutionen sprechen wir über einen Zeitraum, der von der deutschen bis zur französischen EU-Präsidentschaft reicht. Ein schwieriger Zeitraum, der aber bewältigt werden muss. Sie kennen meine Haltung: Die institutionelle Reform ist notwendig für das reibungslose Funktionieren des europäischen Systems. Wir werden von den ausgewogenen Punkten des institutionellen Vertrags ausgehen und die Forderung nach Demokratie sowie das, was die Franzosen und dann die Niederländer zum Ausdruck gebracht haben, berücksichtigen müssen.

Wir haben ferner eine Bilanz der Umsetzung der Lissabon-Strategie gezogen. Die Reformen beginnen, insbesondere in Frankreich und Deutschland, Früchte zu tragen. Andernorts übrigens auch. Das Wachstum ist seither fest verankert bei über 2% und die Arbeitslosigkeit nimmt ab. Wir haben kürzlich die neuesten Zahlen des INSEE erhalten, nach denen die Arbeitslosenquote heute von 8,6% auf 8,5% gesunken ist. Wir müssen diese Bemühungen angesichts des härter werdenden weltweiten Wettbewerbs fortsetzen. Diese notwendigen Reformen müssen unter Achtung unseres europäischen Sozialmodells umgesetzt werden. So hat Frankreich beispielsweise die Garantien erhalten, die es bei der Finanzierung der universellen Postdienstleistung erhoffte.

Weitere Punkte waren internationale Fragen und der Mittlere Osten, einerseits unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungen, die beim Gipfeltreffen in Mekka getroffen worden sind und die einen Weg öffnen, von dem man hoffen kann, dass er Schritt für Schritt zu Verständnis und Frieden und somit zu Stabilität führt. Wir konnten diesem Prozess von Mekka nur zustimmen. Wir haben ferner über die immer noch schwierige und gefährliche Lage in Libanon und über die Notwendigkeit für Libanon gesprochen, den internationalen Gerichtshof so schnell wie möglich einzurichten, den die UNO beschlossen hat und der ein notwendiges Hilfsmittel zur Abschreckung derjeniger sein soll, die in dieser Region aus Mord eine normale Technik der Politikführung machen. Dieser Gerichtshof sollte allen Libanesen ermöglichen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Glauben für ein freies, unabhängiges und von den Nachbarländern respektiertes Land Libanon zusammenzustehen.

Das wurde also heute erreicht. Was ich zusammenfassend noch sagen möchte, ist, dass dieser Rat mit der Verabschiedung einer beispielhaften Energiestrategie ein bedeutendes Ergebnis führte: beispielhaft für die Welt, beispielhaft angesichts der Herausforderung der Klimaerwärmung. Ich freue mich wirklich, betonen zu können, dass Frankreich dabei seit mehreren Monaten, eigentlich seit fast zwei Jahren, eine wesentliche Rolle spielt. Diese ist heute konkret geworden, obwohl viele pessimistische Stimmen sich gefragt haben, ob es möglich ist, alle Europäer um ein selbes Ziel zu vereinen. Es kam heute durch eine grundlegende und beispielhafte Entscheidung für die Zukunft der Welt und ihre Bewohner zum Ausdruck. (...)./.





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